Das Buch beruht auf einer Begegnung der Autorin mit dem Ingenieur und Architekten Volkwin Marg im Jahre 1975. Ingeborg Flagge arbeitete für die BDA-Zeitschrift "Der Architekt", hier als Plattform beschrieben, die eine kritische Hinterfragung des Architekten und seiner Aufgabe als "Zoon politikon" diskutiert. Eine auf Aristoteles zurückgehende Wesensbestimmung des Menschen, die besagt, dass der Mensch ein soziales, auf Gemeinschaft angelegtes Lebewesen ist. Hier treffen sich also zwei Eingeweihte, die beide einem gemeinsamen Tätigkeitsfeld entspringen. Ausgangspunkt sind die frühen 1970er Jahre, wo erste Anzeichen deutlich wurden, dass Wachstum nicht unentwegt expandieren kann, sondern Einhalt geboten ist. Die damals entwickelte Vertrautheit war die Grundlage, auf der dieses Buch von und über Volkwin Marg entstehen konnte.
Der erste Teil des Buches behandelt Einsichten und Ansichten, die Haltungen und Werte beinhalten. Das gemeinsame Gespräch, in dem sich Volkwin Marg (geb. 1936 in Königsberg) darüber äußert, wo seine Wurzeln als Mensch und als Architekt liegen, wer und was ihn beinflußt und wie er arbeitet. Der zweite Teil des Buches enthält Reden und Aufsätze Margs über 30 Jahre hinweg zu aktuellen Stellungnahmen, Problemstellungen der Architektur betreffend, wie zum Beispiel die zukünftige Nutzung des Berliner Flughafens Tempelhof. Wie im Vorwort wiedergegeben, verbindet alle Texte die Überzeugung: Architekt sein, bedeutet politisch tätig werden, indem gute Architektur immer dem Sozialen verpflichtete Baukunst ist. Die Bandbreite der behandelten Inhalte ist thematisch in sechs große Kapitel unterteilt und durchzieht mehr als drei Jahrzehnte.
Das Gespräch beginnt und Volkwin Marg erzählt von seiner Kindheit, seiner Erziehung und welchen Grundsätzen er vor dem Hintergrund eines gebildeten Elternhauses seine Treue schwor. Das ist schon sehr persönlich, wie der Dialog zwischen Fragender und Antwortendem ausgestaltet ist und sich mal so über 35 Seiten erstreckt. Das Buch ist gebunden und das Schriftbild leistet sein übriges, der Lesegenuß steht somit im Vordergrund dieser Aufzeichnungen. Es wird nicht gespart mit der Erwähnung an Bildungswächtern aus der Antike und der Renaissance. Petrarca findet Erwähnung. Ariadne und Theseus kommen vor. Das sind Hinweise, hierbei handelt es sich nicht um ein gewöhnliches Alltagsgespräch, sondern um eine Art Kontemplation. Worauf sie hindeutet, ist nur schwer zu ergründen. Natürlich fallen eine Reihe an Bemerkungen zur Architektur oder vielmehr zur Ingenieurkunst des Staudammbaus, was bestimmt nicht einfach fallen dürfte, ein solches Thema in ein Gespräch einzubinden. Von einer reinen Rückschau zu sprechen, wäre nicht richtig, obwohl doch aus der Vergangenheit erzählt wird. Wenigstens werden dabei keine Ikonoklasten zur Schau gestellt.
Hier steht die Forderung sich als politischer Mensch zu offenbaren, wozu das Bekenntnis am Anfang ausgesprochen wurde. Doch was ist das für eine Politik, die sich an den Grundsätzen der Erziehung orientiert. Hier ist kein Aufschrei hörbar, keine Klagen über Mißstände werden geäußert, sondern eine Verpflichtung zum Städtebau wird ausgerufen und mit den Phrasen gegen die zynische Arroganz untermalt. So etwas führt zu Insider-Gesprächen, die hier aber nicht gewollt sein sollen. Vielmehr geht dem die Aufgabe voraus im sozialen Sinne des aufgeklärten Denkens zu stehen. Ein Dialog, der fast zu kurzweilig ist und ein ganzes Buch füllen könnte bis die letzten Worte und Vermutungen auch wirklich ausgesprochen sind. Man denke nur an den Eupalinos Dialog von Paul Valéry.
Der Band aus dem Prestel Verlag beinhaltet noch eine Reihe weiterer Beiträge aus dem Leben Volkwin Margs. In seiner biographischen Rückschau erweist er sich als Gipfelstürmer, der immer noch Steigerungen kennt, die es zu bewältigen gilt. Der Generationskonflikt im Westen der 1960er Jahre verwunderte ihn, wie er sich zu den Studentenprotesten dieser Jahre äußert. Aus der Sicht eines früheren Ostdeutschen, als den er sich bezeichnet, waren die Proteste noch unverständlicher. Wer gibt schon die gelobte Freiheit einfach auf? Aus diesen Einsichten ist eine Mischung aus protestantischer Prüderie und ideologisch gefärbten Inhalten der gepredigten Marx-Engels Lektüre erwachsen, um mit Widerstand die verbohrte Blindheit so mancher Intellektueller im Westen aufzubrechen. Hier spricht der Energetiker. Dennoch bleibt Volkwin Marg darin ein Berufsgenosse, der fest entschlossen ist seiner Traumberufung als Architekt konsequent nachzugehen.
In einem Buchbeitrag, der aus einem Vortrag während eines Kolloquiums 1994 entstand, befaßt sich Marg mit dem langjährigen Hamburger Stadtplaner Fritz Schumacher in Architektur und Kunst. Hier wird auch Bezug genommen auf die Pläne der Hafen-City. Marg ist ein Fürsprecher der Stadt Hamburg. Ein weiterer Beitrag aus dem Jahr 2002, befaßt sich mit Palladio und dessen Spuren, die in die Gegenwart führen. Bis hin zur Umsetzung Neue Messe Leipzig.
Regie und Selbsterfahrung der Massen - Betrachtungen zu Stadien und Arenen und Fußballstadion 2006 nennt sich ein Beitrag im Kapitel: Architektur und Gesellschaft. Dieses benennt den Architekten der Französischen Revolution Boulleé und dessen Entwurf für eine Arena. Der Beitrag: Sozialer Wohnungsbau zwischen Resignation und Motivation aus dem Jahr 1980 will Feststellungen treffen. Verwalteter Mensch - zerwaltete Umwelt, 1981, ist kritisch und führt zur Fragestellung: Wie wollen wir weiterleben? Vorsicht für morgen, Untergangs- und Zivilisationskritik.
Der Beitrag: Architektur als Synthese von Konstruktion und Technik, 2007, stellt Architekten und Ingenieure janusköpfig gegenüber. Im nächsten Schritt folgt das Schisma zwischen Kunst und Technik, um dann zu einem dekonstruktivistischen Verfahren zu gelangen. Viele der Beiträge sind mit zahlreichen s/w Fotos bebildert. Hier findet auch Margs 3-Feld-Hängeklappbrücke für Fußgänger im Kieler Hafen Erwähnung, die hier mit einer Bilderserie in den verschiedenen Phasen abgebildet ist. Diesen Beitrag wiederholte Marg im Jahre 2009 während eines Vortrags in Frankfurt, weil dieselben Beispiele ausgewählt wurden, der gleichen Gliederung folgend vor einem mit Publikum gefüllten Hörsaal.
Architektur und Kritik setzt sich mit Projekten und gesellschaftlichen Themen wie der Erhaltung des Welterbes Elbufer auseinander. Kritisch benennt Marg den Umbau der Großmarkthalle in Frankfurt: Todesstoß für eine Ikone der Moderne. Oder das Beispiel Flughafen Tempelhof - stufenweise Umwandlung in ein aktives "Internationales Luft- und Raumfahrt Museum".
Den Ausklang bildet Platon. Wiederum bestimmt ein Gespräch den Inhalt, wie sämtliche Werke Platons in Gesprächsform aufgezeichnet sind. Sokrates und Glaukon führen auf knapp sechs Seiten einen Dialog über den Zustand der Seele. Platon gilt als Begründer des Idealismus, er war Schüler von Sokrates.