Diese Ausstellung im Architekturmuseum will die Grenzen sprengen, indem mit neuester Projektionstechnik an den Ausstellungswänden ein visionäres Bild vom Tätigkeitsfeld des Architekturbüros nachgezeichnet wird, ein Büro das auch international tätig ist. Die Frankfurter sind jedenfalls überzeugt von deren Arbeit, das zeigt sich an den vielen Aufträgen, die im Stadtraum schon an das Büro vergeben wurden. Im Katalog zur Ausstellung sind die herausragensten Beispiele aufgeführt. Dazu zählt auch die im Katalog nicht aufgeführte umstrittene Neubebauung des Bahnhofsvorplatzes am Frankfurter Hauptbahnhof, bei der Schneider+Schumacher den Wettbewerb gewonnen hat. Das bekanntere Beispiel ist der neu eröffnete unterirdische Städel-Anbau. Ein Bau, der sich mit seiner Kuppel wie ein grüner Hügel über dem Gelände im Garten des Museums abhebt. Dazu übersät mit runden Fenstern, die in ihrer gleichförmigen Anordnung an Kunstwerke von Robert Gober erinnern. Ein Künstler der Gegenstände aber auch menschliche Körperteile in Form von Skulpturen mit merkwürdigen Öffnungen versieht, die in ihrer klinischen Reinheit befremdlich wirken. Die Form mit den vielen Öffnungen erinnert bei genauer Betrachtung dann an ein Siphon wie im Waschbecken oder an ein Sieb. In Bezug auf die Architekten Schneider+Schumacher ist das vielleicht, was gerade stattfindet, der im Katalog bezeichnete: gebaute Paradigmenwechsel. Die große unterirdische Halle ist eine besondere technische Ingenieurleistung.
Zur Ausstellung im Architekturmuseum läßt sich sagen, es handelt sich um eine Selbstdarstellung von Schneider+Schumacher. Die wenigen Ausstellungsstücke beschränken sich auf einen inneren Kern. Diese sind wie in einem inneren Gehäuse angeordnet. Zusätzlich wurde der Bereich farblich abgedunkelt und durch spotartige Beleuchtung wieder erhellt. Das erhöht den visuellen Wert der Animationen, die im Postkartenformat oder als Videosequenzen auf Monitoren an der Wand präsentiert werden. Einige wenige Zeichnungen visionärer Architektur sind mit dabei.
Hauptattraktion ist jedoch eine äußere Videowand, die dank neuester Technik die Fähigkeit hat um die Ecke zu gehen, um im Film nahtlos weiterzulaufen. Vorstellbar wie auf einem Würfel auf dem sich seitenunabhängig die Filmszene fortsetzt. Das ist beeindruckend und ermöglicht ganz neue Möglichkeiten der Visualisierung. Der Bildumlauf wird durch eine Reihe an Projektoren ermöglicht, die an langen Stangen von der Decke herab montiert wurden. Platzaufwendig, weil die Anzahl an Projektoren in Kopfhöhe montiert ist, was ausgedehnter Räumlichkeiten der Überlegung und Weiterentwicklung bedarf.
Der Katalog aus dem Prestel Verlag verspricht mit seinem in Rot und Schwarz getrennten Umschlagdeckel mehr spannende Einblicke. Der mittlere Teil ist den Skizzen, Farbstudien und Zeichnungen vorbehalten, die beinahe frei von Beschriftungselementen durchaus künstlerischen Wert haben. Auf mattem, gelblichem Papier, was sich erheblich von den Fotografieseiten unterscheidet.
Zu den verwirklichten Projekten zählen Bauten wie: der runde Hochhausturm am Frankfurter Westhafen (2003-2004) wegen rautenförmiger Fassade auch "Apfelweinglas" genannt. Der Umbau des früheren Amerikahauses zum spanischen Instituto Cervantes (2008), das Erco Hochregallager in Lüdenscheid (2001) woran eine doppelseitige Serie mit diffusen Licht und Schattenstudien angeknüpft ist, die Info-Box in Berlin (1995), die Autobahnkirche im Siegerland (2012), herausragend in seiner Konsequenz ist das Museum Sowjetisches Speziallager in Sachsenhausen (2001), das KPMG in Leipzig (1998) und anderes mehr.
Nachteil ist, daß keine technischen Zeichnungen wie Grundrisse oder Schnitte den zahlreichen Projekten innerhalb des Katalogs folgen, obwohl Schneider+Schumacher bemüht sind technisches Knowhow in den Vordergrund zu stellen. Didaktisch wäre das einigermaßen hilfreich gewesen. Der mittlere Teil mit den Zeichnungen erfüllt jedoch den Anspruch ebenfalls gewissenhaft.
Foto (c) Kulturexpress
Siehe auch: Wettbewerbspläne zur Umwandlung des Bahnhofsvorplatz im Bereich des Frankfurter Hauptbahnhof