Helaba, Frankfurter Sparkasse und Stadt Frankfurt ermöglichen Umsetzung der Kulturmeile

Die Standortentscheidung Städtische Bühnen wird in der zweiten Jahreshälfte 2023 als möglich erachtet. Eine Eckpunkte-Vereinbarung ist bereits unterschrieben.
 

Oberbürgermeister Mike Josef und Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig haben nach intensiven und konstruktiven Gesprächen mit der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen sowie der Frankfurter Sparkasse eine Vereinbarung erzielt, die die Umsetzung des Konzepts Kulturmeile ermöglicht. Als Teil dieser Vereinbarung sind die Helaba und die Frankfurter Sparkasse bereit, der Stadt ein Grundstück an der Neuen Mainzer Straße in Erbpacht für den Bau eines neuen Schauspielhauses zu überlassen. Bei dem rund 5500 Quadratmeter großen Grundstück handelt es sich um den südlichen Teil des Geländes, auf dem heute das Hauptgebäude der Frankfurter Sparkasse steht. Die Stadt kann das Grundstück über die Dauer von 199 Jahren für eine Einmalzahlung in Höhe von 35 Millionen Euro sowie einer jährlichen Zahlung von 1,99 Millionen Euro pachten. Die Einigung versetzt die Stadt in die Lage, die Kulturmeile mit einer Oper am Willy-Brandt-Platz und einem Schauspielhaus an der Neuen Mainzer Straße zu realisieren. Eine entsprechende Eckpunkte-Vereinbarung in Form eines Memorandum of Understanding wurde von der Stadt Frankfurt, der Helaba und der Frankfurter Sparkasse unterzeichnet.

 

„Mir war es wichtig, noch in diesem Jahr eine gute Standortentscheidung für die Städtischen Bühnen zu ermöglichen. Dem steht nichts mehr entgegen. Ich bin unseren Gesprächspartnern für die vertrauensvollen Verhandlungen sehr dankbar. Es ist uns gemeinsam gelungen, stimmige Konditionen für beide Seiten in unserer Vereinbarung zu erzielen. Gleichzeitig werden bei dem Projekt Schauspiel die Wallanlagen verschont“, sagt OB Mike Josef.

 

„Es war ein sehr ambitionierter Plan, bis zur Sommerpause ein solches Ergebnis vorzulegen. Wir wollten aber keine weitere Zeit verlieren. Die Helaba und die Frankfurter Sparkasse haben gezeigt, dass sie der Kulturmeile wohlwollend gegenüberstehen, die kulturelle Zukunft und Weiterentwicklung Frankfurts unterstützen und verlässliche Partner sind“, so das Stadtoberhaupt weiter.Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig sagt: „Die Einigung ist eine einmalige Chance für unsere Stadt. Dass die Helaba und die Frankfurter Sparkasse erneut gesprächsbereit waren zeigt, wie wichtig es allen Beteiligten ist, die Stellung Frankfurts als kulturelles Zentrum voranzubringen. Ich danke unseren Gesprächspartnern für die äußerst konstruktiven Verhandlungen, die aus Sicht der Stadt zwei wichtige Ergebnisse erbracht haben. Erstens: Auf dem Grundstück an der Neuen Mainzer Straße kann ein architektonischer Solitär für das Schauspiel geschaffen werden. Zweitens: Die ausgehandelten, sehr langfristigen Erbpacht-Konditionen ermöglichen es der Stadt Frankfurt, in eigener Regie zu bauen. Unter den neuen Voraussetzungen halte ich die Kulturmeile für eine vielversprechende und nachhaltige Lösung.“

 

Thomas Groß, CEO der Helaba, sagt zu der Einigung: „Zukunftsweisende Projekte von generationsübergreifender Relevanz wie die Kulturmeile sind uns als Landesbank ein besonderes Anliegen. Daher freuen wir uns, dass wir gemeinsam mit der Stadt eine Einigung gefunden haben, die den Kulturstandort Frankfurt deutlich voranbringt, der Frankfurter Sparkasse und der Helaba Entwicklungspotenzial am bisherigen Standort bietet und für uns eine finanziell zufriedenstellende Lösung darstellt.“

 

„Mit dieser Absichtserklärung entsteht für uns als Frankfurter Sparkasse die Perspektive, unser Grundstück in zentraler Lage attraktiv zu entwickeln. Deshalb begrüßen wir die Initiative der Stadt ausdrücklich“, sagt der Vorsitzende des Vorstands der Frankfurter Sparkasse, Dr. Ingo Wiedemeier.

 

Bei Umsetzung der Kulturmeile wird das Hauptgebäude der Frankfurter Sparkasse abgerissen. Während auf dem südlichen Teil des Geländes, wie erwähnt, das neue Schauspielhaus erbaut werden soll, kann auf dem weiter im Besitz der Helaba-Gruppe befindlichen nördlichen Teil ein Gebäudeensemble mit Hochhaus entstehen, in das Teile der existierenden, denkmalgeschützten Bauten integriert werden können. Mit einer Höhe von bis zu 160 Metern fügt sich der neue Hochhausstandort vermittelnd in die bestehenden Hochhäuser Japan Center (115 Meter) und dem Central Business Tower (205 Meter) ein. Die gemäß heutigem Bebauungsplan zulässige Geschossfläche in Höhe von 63.500 Quadratmetern bleibt auf dem nördlichen Grundstücksteil auch künftig erhalten.

 

Die Stadt Frankfurt wird als Bauherrin des neuen Schauspielhauses auftreten. Für die Architektur wird ein internationaler Wettbewerb zur Errichtung besonders nachhaltiger, offener und zukunftsfähiger Gebäude ausgelobt werden. Die Wallanlage und die Innenstadt können dann durch einen langgestreckten Platz zwischen dem Japan Center und dem neuen Schauspiel besser als heute miteinander verbunden werden.

 

In der Bauabfolge soll zunächst das neue Schauspielhaus an der Neuen Mainzer Straße errichtet werden. Dieses dient nach Fertigstellung als Interimsspielstätte für die Oper, bis die neue Oper am Willy-Brandt-Platz fertiggestellt ist. Damit kann die größere und kostenintensivere Oper auf eigenem Grund und Boden am Willy-Brandt-Platz umgesetzt werden. Es soll sichergestellt werden, dass die Neubauten an der Neuen Mainzer Straße so umgesetzt werden, dass keinerlei Bebauung der heutigen Wallanlage stattfindet. Der Abriss der Bestandsbebauung könnte 2027 beginnen.

 

Meldung: Dezernat Kultur und Wissenschaft, Frankfurt am Main

 

Die Zukunft der Theater-Doppelanlage - Stadtpolitisches Symposium urban future forum

 

Kulturmeile nicht nur ökologisch ein Desaster

 

Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig teilte gemeinsam mit Oberbürgermeister Mike Josef am 26. Juli 2023 mit, die erst vor wenigen Monaten aus guten Gründen verworfene Kulturmeilenvariante könne und solle nun doch realisiert werden. Der Widerstand gegen die zwischenzeitlich propagierte Spiegellösung war offenkundig zu hoch. Keinesfalls soll der Abrissbeschluss von 2020 hinterfragt werden, obwohl sich zuletzt führende Fachleute wie der BDA Frankfurt, das Urban Future Forum, Architekt Christoph Mäckler, Stadtplaner Peter Lieser und Kulturpolitiker wie Thomas Dürbeck, Sebastian Popp oder die Arbeitsgruppe "Planen Bauen Wohnen" dafür ausgesprochen hatten.

 

20230710 DAM Urban Future Forum
Urban Future Forum am 10. Juli 2023 mit abschließender Diskussionsrunde in den Räumlichkeiten des DAM-Ostend in der Henschelstraße, im Vordergrund (Rückenansicht) Referentin, die mit ihrer Masterarbeit in Stuttgart ein Konzept entwickelte, das den gesamten Gebäudekomplex der Städtischen Bühnen Frankfurt am Willy-Brandt-Platz in ein System baulicher Strukturen fügt, die im Bestand erhaltenswert sind und nebeneinander durch Neubau mehrerer erforderlicher Bauabschnitte zusammenwirken. Foto (c) Kulturexpress

 

Trotz allem will man an dem einst unter fragwürdigen Umständen eingeschlagenen Kurs festhalten und propagiert gegen jede haushaltspolitische, ökologische und denkmalpflegerische Vernunft einen Theaterneubau an der Neuen Mainzer Straße. Gegenüber der Alternative einer Doppelanlage am bestehenden Standort mit der Option des Teilerhalts guter Gebäudeteile ist die Variante Kulturmeile mehr als 100 Mio. Euro teurer. Dieses gewichtige Faktum können Stabsstelle und Dezernentin nicht mehr leugnen. Zum einen gehört das Grundstück nicht der Stadt Frankfurt am Main, für ein Nutzungsrecht über 199 Jahre muss die Stadt in diesem Zeitraum 431 Mio. Euro an die Sparkasse/Helaba bezahlen. Abgezinst auf heute sind dies bei 2,5 Prozent 105 Mio. Euro (bei 3 Prozent 89 Mio. Euro) an Kosten, die bei dem bestehenden städtischen Grundstück am Willy-Brandt-Platz nicht anfallen.

 

Im Februar dieses Jahres stellte die Stabsstelle Städtische Bühnen noch fest: Um „schnellstmögliches Bauen zu gewährleisten, bietet sich die Realisierung von Oper und Schauspiel auf stadteigenem Grund und Boden an. Dies ist auch ökonomisch nachhaltig.“ Das spielt nun offenkundig keine Rolle mehr. Da inzwischen allen Beteiligten klar geworden ist, dass an dem Standort Neue Mainzer nur ein Theaterbau realisiert werden kann, müssten zudem noch die Mehrkosten für ein Operninterim von 53,1 Mio. Euro zzgl. Baupreissteigerung berücksichtigt werden. Auch die Kosten für das ebenfalls erforderliche Werkstattinterim müssten noch einbezogen werden. Die neuerdings vorgesehene Idee, dass neu gebaute Schauspiel als Operninterim zu nutzen, wurde von der Stabsstelle noch vor drei Jahren als unmöglich verworfen: Die Zahl der Zuschauerplätze würde sich halbieren, und es gäbe keinen Orchestergraben.Ebenso wenig ist der Vorschlag ökologisch nachhaltig und denkmalpflegerisch vertretbar. Die gegenwärtige Planung sieht nicht nur den kompletten Abriss der bestehenden Doppelanlage inkl. denkmalgeschütztem Foyer vor, sondern auch die Beseitigung der völlig intakten Bestandsbebauung von Sparkasse/HeLaBa. Für den vorgesehene Errichtung des Ersatzbürobaus stehen zudem zwei weitere Denkmale im Wege, das Geschäftshau des Neoklassizismus von 1908 (Neue Mainzer Str. 53) und das klassizistische Wohnhaus um 1830 (Neue Mainzer Str 55). Dass dies am Ende beide erhalten werden können, erscheint fraglich.Zusätzlich ist der Abriss in Zeiten der für alle spürbaren Klimakrise völlig unverantwortlich. Der zum Abriss vorgesehene Gebäudekomplex der Sparkasse wurde erst 2004 aufwändig erneuert. Der Werkstattanbau der Städtischen Bühnen wurde erst 2014 für 80 Mio. Euro fertiggestellt, auch Zuschauerbereich und Bühne des Schauspiels sind strukturell intakt. Doch offenkundig interessieren sich die Verantwortlichen nicht für den Gebäudebestand. Mit dem Standort an der Neuen Mainzer Straße erhöht sich das Abrissvolumen um etwa 20.000 qm auf insgesamt ca. 90.000 qm.

 

Im Vergleich zur Option Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz entsteht bei der Option Kulturmeile durch den erhöhten Umfang der Abrisse ein zusätzlicher CO2-Ausstoß von schätzungsweise über 20.000 Tonnen. Für die Herstellung der Neubauten müssen über 700 Millionen Megajoule Primärenergie aufgewendet werden, dies entspricht dem Energiegehalt von 17.000 Tonnen Erdöl. Doch solche ökologischen Kennwerte interessieren die politisch Verantwortlichen nicht. Sie wurden trotz dreijähriger Untersuchung von der Stabsstelle für die jetzt zur Diskussion stehenden Optionen nicht benannt.Selbst für die betroffenen Beschäftigten ist der Vorschlag der Kulturmeile von Nachteil. Die Sparkassen-Mitarbeiter*innen müssen umziehen und möglicherweise ein mehrjähriges Interim in Kauf nehmen. Aber auch der Bühnenbelegschaft mutet die Lösung Einiges zu. Vor fünf Monaten hieß es vonseiten der Stabsstelle: „Bei den Abstimmungen mit der Eigentümerin stellte sich heraus, dass, eine grundsätzliche Einigung vorausgesetzt, der optimistische Übergabezeitpunkt des bebauten Grundstücks angesichts der benachbarten, heute bestehenden Großbaustelle im Jahr 2028 läge. (...) Vor dem Hintergrund des desolaten Zustands der Theaterdoppelanlage am Willy-Brandt-Platz ist dieser Zeithorizont für den Beginn der Vorarbeiten für den Neubau einer Spielstätte keine befriedigende Option, zumal die Planbarkeit zusätzlich eingeschränkt würde.“ Auch das scheint keine Rolle mehr als Argument zu spielen. Auch wenn man inzwischen hofft, ein Jahr früher anfangen zu können, ändert dies an dem Gesamtablauf wenig: verzögerter Beginn, gestufte Umsetzung, Fertigstellung des Hauptgebäudes mit Oper und Werkstätten am Willy-Brandt-Platz realistisch geschätzt im Jahr 2038.

 

Für eine Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz als Neubau mit oder ohne saniertem Teilerhalt sind die Gutachter im Jahr 2020 von einem Gesamtzeitraum inkl. Planung von neun Jahren ausgegangen. Eine Umsetzung wäre also bis zum Ende dieses Jahrzehnts möglich gewesen, aber auch jetzt noch wäre die Option Doppelanlage etwa fünf Jahre früher fertiggestellt als die Option Kulturmeile. Fahrlässig haben es die Verantwortlichen in den letzten Jahren versäumt, die unvermeidlichen Interimslösungen zu klären und hierfür eine belastbare Lösung vorzulegen.Der Abrissbeschluss von 2020 kam in Reaktion auf einen AfD-Antrag binnen 24 Stunden ohne eine Erörterung im Kulturausschuss zustande, um vermeintliche Handlungsfähigkeit zu beweisen. Das Vorgehen war nicht nur undemokratisch, weil es den Abgeordneten eine mögliche Prüfung der Angaben verunmöglichte. In den Entscheidungsunterlagen waren Fragen von grauer Energie und Denkmalschutz gänzlich ausgeblendet. Kostenannahmen für eine Neubaulösung waren gegenüber der Option Doppelanlage Willy-Brandt-Platz und der möglichen Sanierung von Gebäudeteilen unrealistisch günstig gewählt. Inzwischen hat die Stabsstelle Städtische Bühnen diese Annahmen korrigiert, ohne dass die damalige Entscheidung nochmals hinterfragt worden wäre, die auf selektiven bzw. verzerrten Informationen beruhte.Wir fordern: für die Entscheidungsträger die Varianten Kulturmeile, Spiegellösung, Doppelanlage, Doppelanlage mit Teilsanierung nach einer einheitlichen Bewertungsmatrix darzustellen, welche insbesondere alle Kosten incl. Interim und Grundstück, die CO2-Bilanz incl. grauer Energie, den Denkmalschutz und den Realisierungszeitplan bis Fertigstellung sachlich neutral und vollständig abbildet.

 

Initiative Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt


Alfons Maria Arns (Freier Kulturhistoriker)
Prof. Dr. Maren Harnack (Frankfurt University of Applied Sciences)
Hanns-Christoph Koch (Deutscher Werkbund Hessen)
Martina Metzner (freie Journalistin, abaut)
Prof. Dr. Philipp Oswalt (Universität Kassel) GmbH

 

Meldung: Initiative Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt

 

 

Click me
Helaba, Frankfurter Sparkasse und Stadt Frankfurt ermöglichen Umsetzung der Kulturmeile
Kulturmeile, Schauspiel Neue Mainzer Straße u. Oper am Willy-Brandt-Platz Visualisierung gmp Architekten