Umbau und Erweiterung eines alten Speichers
Auf dieser Grundlage realisierte studioinges den Umbau des unter dem Namen „Hagenbucher“ bekannten Speichers und ergänzte ihn um einen schlanken Neubau. Am 14. November 2009 wurden die Tore der „experimenta“ als erstes Science Center dieser Art in Süddeutschland für das Publikum geöffnet.
Als „gemeinsame Haut“ erhielt der neue Anbau die gleiche Klinkerschale wie das bestehende Lagergebäude und stärkt so die solitäre Wirkung auf der Neckarinsel. An der Schnittstelle der Zwillingsgebäude, einer gläsernen Fuge, gibt das Gebäude in schillernden Grün- und Gelbtönen etwas von seinem Inneren preis und eröffnet spannende Ein- und Ausblicke. Die farbig beleuchteten Aluminiumplatten der Fugenwand bilden hier einen spannungsreichen Kontrast des artifiziellen Innenlebens zu den natürlichen, braunroten Backsteinen der Außenhaut. Durch die in die grüne Wand eingeschnittene Haupttreppe wird diese zur Skulptur ausgeformt. Die versetzte Anordnung von Alt- und Neubau macht die grüne Wand auch im Stadtraum weithin als Signet sichtbar. Die Geschosse des historischen Lagergebäudes mit ihren sichtbaren Stahlbetonskeletten wurden weitestgehend erhalten und beherbergen die Ausstellung. Lediglich im obersten Geschoss wurden Dach und Stützen zugunsten eines als Kubus eingestellten Veranstaltungssaales mit Pausenfoyer und Dachterrasse entfernt. Im Neubau befinden sich das Foyer, verschiedene Schullabore, die Verwaltung sowie Sonderausstellungsflächen. Das Ausstellungskonzept wurde von dem Bremer Büro Petri & Tiemann in Zusammenarbeit mit der experimenta und der Gruppe für Gestaltung entwickelt und umgesetzt. Mit ausschließlich interaktiven Exponaten wird hier auf spielerische Weise Wissen an Kinder und Jugendliche vermittelt. Als Modell der öffentlich-privaten Partnerschaft wurde der Hochbau überwiegend seitens der Stadt Heilbronn übernommen, während die kompletten Ausstellungseinbauten und Exponate über Sponsoren finanziert wurden.
Genius loci
Ausgangspunkt der Entwurfsgedanken war eine klare Bekennung von studioinges zu dem besonderen Ort und der Ausstrahlung des alten Speichers. Die Annäherung an das Thema Science Center führte nicht über die Suche einer äußerlich figurativen und futuristischen Formensprache, wie der vermeintliche architektonische Codex dieses Gebäudetypus meinen lässt, vielmehr stand das Aufspüren und Verstärken der städtebaulichen Qualitäten und der vorgefundenen Situation bei studioinges im Mittelpunkt des Entwurfsprozesses. Das spektakuläre Element der Architektur entfaltet sich im Innenraum, der sich als städtebauliche Geste und mit entsprechenden Stadtbezügen auch nach Außen abzeichnet. Das Objekt befindet sich auf einer Neckarinsel zwischen Altstadt und Bahnhof. Die Insel und das Gebäude werden über die Kranenstaße erschlossen. Für Fußgänger ist das Areal zusätzlich von der Altstadt aus über die Adolf-Cluss-Brücke und vom neuen Parkhaus über die Hagenbucherbrücke zu erreichen.
Der „Hagenbucher“ ist das einzig verbliebene Gebäude einer ehemals ausgeprägten industriellen Bebauung dieser Neckarinsel. Es handelt sich dabei um einen ehemaligen Saatgutspeicher aus den 1930er Jahren mit einem tragendem Stahlbetonskelett und einer verklinkerten Außenwand. Während diese Stahlbetonstützen- und Unterzüge die Innenräume prägen, ist die Backsteinfassade des Altbaus mit ihrer Matrix aus Industriefenstern für seine Außenwirkung
charakteristisch.
Kiwi
Der Entwurf sah vor, das bestehende Lagergebäude nach Norden hin mit einem gleich hohen Riegel zu erweitern, der sich über einen vom Altneckar abzweigenden, ehemaligen Mühlgraben legt. Durch diese Erweiterung entstand ein neuer kompakter Baukörper, der sich in der Gesamtheit seiner Erscheinung, in Volumen und Materialität an die historische Industriearchitektur des Hagenbuchers anlehnt. Die Klinkerhaut des Lagergebäudes wurde um den Neubau herumgezogen, somit entstand eine neue Einheit zwischen Alt- und Neubau. An der Schnittstelle der beiden Baukörper ist eine schmale, gläserne Fuge entstanden, die auch nach Außen etwas vom Innenleben des Gebäudes preisgibt. Entlang dieser Schnittstelle befindet sich eine, teils im Innenraum, teils im Außenraum liegende, vorgehängte Fassade aus Aluminiumtafeln in verschiedenen Grüntönen. In ihr liegt die Haupttreppe, die sich wie von einem Holzwurm geschaffen als Relief in der Wand abzeichnet. Für dieses Spiel
zwischen Hülle und Schnitt durch das Innere wurde das Bild einer aufgeschnittenen Kiwi zum prägnanten Sinnbild. Die räumliche Fuge zwischen Alt- und Neubau steht symbolisch auch für das wissenschaftliche Entdecken, den Blick tief ins Innere freilegend und so die Neugier weckend, wenn man sich auf das Gebäude zubewegt.
Erschließungsprinzip
Der Hauptzugang zum Science Center erfolgt über einen neu angelegtem Vorplatz von Norden aus in den Anbau. Das sich auf zwei Höhenniveaus entwickelnde, verglaste Eingangsfoyer bildet eine räumliche Einheit mit der Glasfuge. In das Foyer integriert sind der Shop und Informationstresen, im Altbau schließt sich der Einführungsraum und eine Garderobenfläche an. Die Haupterschließung zu den Ausstellungsflächen erfolgt vom Foyer aus über eine neben der Fuge liegende jedoch räumlich mit ihr verbundene Treppe. Über Brücken in der Fuge gelangt der Besucher weiter in die Ausstellungsflächen im Altbau. Der Rundgang durch die Ausstellungsgeschosse, denen jeweils ein eigenes Thema zugeordnet ist, führt somit immer über die Fuge weiter in das nächste Geschoss: eine willkommene Zäsur für den Besucher mit Ausblicken in die Stadt. Diese Haupterschließung bildet das „grüne“ Rückrat des Gebäudes. Im Foyer setzt sich die Treppe als Skulptur fort, die eine Sitzlandschaft und den Kassentresen formt.
Funktionale Aufteilung
Das Raumprogramm des Science Centers enthält neben den Ausstellungsflächen und Foyerfunktionen viele weitere Nutzungen, wie Verwaltung, gastronomische Einrichtungen, verschiedene Schülerlabore sowie einen Veranstaltungsbereich, die es aus funktionalen und technischen Gesichtspunkten sinnvoll im Gebäude anzuordnen galt. Die Prämisse war, alle kleinteiligeren Funktionen im Neubau unterzubringen, um im Altbau die von der Stützenstruktur dominierten ehemaligen Lagerflächen in ihrem Charakter zu belassen. Im südlichen Teil des Altbau-Erdgeschosses wurde das Restaurant angeordnet, das mit einer Terrasse im Freiraum erweitert wurde. Die erdgeschossige Anordnung ermöglicht zum einen eine Lage direkt am Neckar und zum anderen eine einfache Zugänglichkeit bei der geforderten Nutzung der Gastronomie nach Betriebschluss der Ausstellung. In den Obergeschossen des Neubaus sind auf zwei Etagen Sonderausstellungsflächen mit interner Verbindungstreppe, eine weitere Ausstellungsfläche für den Endpunkt des Ausstellungsrundgangs mit einem großen Panoramafenster, eine Büroetage für die Verwaltung sowie im 5. Obergeschoss zwei hoch technisierte Schullabore mit Vorbereitungsraum angeordnet. Das 5. Obergeschoss des Speichergebäudes wurde als Veranstaltungszentrum mit einem multimedial ausgestatteten Veranstaltungssaal mit 200 qm umgebaut. Hierfür wurden das bestehende Stahlbeton-Pultdach und die Stahlbetonstützen
im obersten Geschoss abgebrochen, sowie neue großflächige Fenster in die Fassade gesetzt. Während man vom Foyer einen Blick über die neu eingefügten Panoramafenster auf die Innenstadt hat, wird der Saal als eingestellter Kubus von einem umlaufenden Oberlichtband geprägt. Ergänzt wurde der Veranstaltungsbereich mit einer Dachterrasse auf dem Hagenbucher mit einer Fläche von 300 qm und einem einmaligem Rundblick über die Stadt. Der Veranstaltungsbereich lässt sich auch unabhängig vom Ausstellungsbetrieb nutzen. Das Untergeschoss im Altbau wurde zu Magazin- und Lagerräumen mit Werkstatt sowie weiteren Nebenräumen umgebaut. Der sich auf zwei Höhenniveaus gliedernde Keller im Neubau nimmt neben weiteren Laborräumen zur Realisierung spezieller, längerer Forschungsprojekte für Schüler, die Umkleiden sowie einen Haustechnikraum auf. Sowohl auf dem Dach des Veranstaltungssaals im Altbau als auch auf dem Dach des Neubaus befinden sich Technikaufbauten für die Lüftungstechnik.
Materialien, Farben
Die Wahl der Materialien orientiert sich an dem industriellen Charakter des bestehenden Speichers: die alten Industriefenster wurden ebenso wie neue Stahlelemente an den Fassaden oder Stahltüren im Innenraum mit athrazitfarbenem Eisenglimmer lackiert, es wurden strapazierfähige Bodenbeläge aus dem industriellem Bereich eingesetzt, wie beispielsweise eine mineralische Beschichtung in den Ausstellungsbereichen, eine PUR-Beschichtung im Foyer, Kautschuk in den Laboren oder Industrieparkett im Saal und Restaurant. Die äußere Hülle des Neubaus besteht aus einer Vorsatzschale aus Kohlebrandziegeln, die in ihrer Farbe und Art der historischen Ziegelfassade des Hagenbuchers angeglichen sind. Hierzu wurden die Backsteine im gleichen Verfahren wie die Klinker am Hagenbucher, im kohlebefeuerten Ringofen der familiengeführten Ziegelei Rusch im Alten Land bei Hamburg gebrannt, passend sortiert und nach Heilbronn geliefert. Die glatte Aluminiumfassade steht diesem natürlichen, rauen Material der Backsteinwand gegenüber und schafft über den Kontrast ein Wechselspiel zwischen Alt und Neu. Das gewählte und im Innenraum beruhigend wirkende Grün zeichnete sich im Projektverlauf auch als vorteilhaftes Alleinstellungsmerkmal für das Science Center aus: Während bei der Konkurrenz oft Blau als Farbe der Technik herhalten muss, konnten sich die Werbefachleute wohlwollend der grünen Farbe bedienen. Auch die Gruppe für Gestaltung entwickelte für das Leitsystem, die Einrichtung des Shops und Garderobe ein auf die Architektur abgestimmtes Farbsystem.
Das Grün der Schnittfassade setzt sich als Leitmotiv im Foyer fort und „kippt“ hier an die Decke. Dabei wurde eine durchgefärbte Akustikputzdecke eingesetzt - mit eingelassenen leuchtenden Textzeilen. Kassentresen und eine Sitzlandschaft im Foyer sind aus Holzwerkstoffen errichtet und wie die Schnittfassade grün lackiert. Die übrigen Decken im Neubau sind in Analogie zum Altbau als Sichtbeton belassen und teilweise mit Akustiksegeln versehen worden. Im Inneren des alten Speichers erhielt das Stahlbetonskelett wieder seine charakteristische weiße Farbe. Die typischen Industriefenster aus Stahlprofilen des Altbaus konnten erhalten bleiben und wurden durch sich gestalterisch zurücknehmende, innenliegende und isolierverglaste Vorsatzfenster aus Aluminium ergänzt. Um die Exponate in den Ausstellungsgeschossen flexibel mit Medien zu versorgen, wurden entlang der Deckenfelder sichtbar geführte Installationen vorgesehen. Zur Verbesserung der Akustik in den Ausstellungsräumen wurden zudem weiße Holzwolleleichtbauplatten in die Deckenfelder eingebracht. Der Veranstaltungsbereich sollte nach Wunsch des Betreibers nicht nur für Wissenschaftsvorführungen mit Schulklassen dienen, sondern auch ein Ambiente für abendliche Fremdvermietungen bieten, was die Wahl der Materialien und Oberflächen im neu errichteten 5. Obergeschoss des Speichers entscheidend beeinflusste. Der Veranstaltungssaal erhiel innenseitig eine akustische Wandbekleidung aus grau lasierten MDF-Paneelen sowie ein Industrieparkett
aus Räuchereiche. Als eingestellte „Schatulle“ zeichnet sich der Kubus des Saals zum Foyer hin ab und ist mit einer feinmaschigen, schimmernden Streckmetallhaut umhüllt. Die Treppe zum Dach und die Bar bilden hier eine skulpturale Einheit, die Holzbekleidung ist wieder aus Räuchereiche. Die Dachterrasse auf dem Altbaudach erhielt ein Holzdeck, das einen angenehmen Kontrast zum neuen Attikaabschluss aus Betonwerksteinen bildet. Die Dachaufbauten wurden mit einem Streckgitter versehen, einerseits um eine Leichtigkeit in der Erscheinung zu erzeugen, andererseits um ihrem technischen Charakter zu unterstützen.
Konstruktion
Für den Umbau des alten Speichers musste das bestehende Treppenhaus samt Lastenaufzug rückgebaut werden, um an dieser Stelle einen neuen Erschließungskern aus Ortbeton mit zwei Personenaufzügen und einem Treppenhaus zu errichten. Der Saal im obersten Geschoss des Speichers wurde in Leichtbauweise aus Stahl erstellt. Diese trägt auch die neue Dachdecke des Altbaus aus Ortbeton, die wiederum auf die vorhandenen Stahlbetonstützen in der Außenfassade verankert werden konnte. Bei dem Anbau handelt es sich um eine Tragstruktur aus Stahlbeton mit Flachdecken aus Ortbeton. Um stützenlose Räume in den Obergeschossen zu erhalten, wurde die Spannweite der Decken entsprechend optimiert. Die Gründung erfolgte zum Teil auf Streifenfundamenten, zum Teil auf Bohrpfählen. Die Foyer- und Fugenverglasung besteht aus einer Pfosten- Riegel-Konstruktion aus Stahl. Die Brücken vom Neubau zum Treppenhaus als interne Erschließung erhielten eine Brandschutzverglasung.
Lichtkonzept
Einen wichtigen Raum bei der Planung nahm das Lichtkonzept ein. Schwerpunkt war dabei die Inszenierung der „grünen“ Fuge. In enger Zusammenarbeit mit den Lichtplanern vom Büro studio dinnebier wurde ein Raster aus LED-Steinen in die Nordfassade des Altbaus eingelegt, die die gegenüberliegenden farbigen Aluminiumpaneele flächig anleuchten. Die Leuchtdioden können in Gelb- und Grüntönen abends die Fuge zwischen dem Alt- und Neubau erstrahlen lassen. Dabei werden verschiedene vorprogrammierte Lichtszenen eingesetzt, die Bewegung in die Ausleuchtung der Fuge bringen. Tagsüber werden die LED´s mit reflexartigen Mustern bespielt, so dass die Matrix selbst zum Lichtspiel wird. Die Fuge wird so zu einem begehbaren Lichtexponat. In der Dunkelheit wirkt die beleuchtete Fuge als „Landmarke“ weit in den Stadtraum. Ebenfalls Teil des Lichtkonzeptes des Büros studio dinnebier ist die Anstrahlung eines Schriftzuges an der Schnittfassade mit geringer Lichtstärke von zwei markanten Punkten aus. Da der Schriftzug aus weißer, retroreflektierender Folie besteht, entsteht für den Vorbeigehenden ein kurzes, intensives Aufleuchten der Schrift im nahen Umkreis der beiden Strahler.
Energiekonzept
Die Wahl einer einfachen und kompakten Kubatur schafft in Zusammenhang mit dem sehr geringen neuen Hüllflächenanteil eine optimale Bilanz des Gesamtenergieverbrauches. Hierbei trägt auch der flächige Anbau an die schlecht gedämmte und flächenmäßig große Nordfassade des Altbaus auf geschickte Weise zur Verbesserung des Energieverbrauches
des Bestandsgebäudes bei. Die Ausrichtung und die natürliche Eigenverschattung durch das Gebäude im Bereich der großen Glasflächen lässt zudem einem energetisch sinnvollen, sommerlichen, Wärmeschutz zu.
Während der Planung stellte sich sehr bald heraus, dass die Kühlung des Gebäudes aufgrund der hohen erwarteten Wärmelasten durch die Exponate und Besucher das vordringlichere Problem gegenüber der Beheizung bzw. dem winterlichen Wärmeschutz ist. Mit dem Ingenieurbüro Herrenbauer + Kurz und den Bauphysikern Horstmann + Berger wurde ein Konzept entwickelt, dass eine Grundkühlung einerseits über eine Wärmepumpe und zusätzlich über die Lüftungsanlage gewährleistet - nur bei Spitzenlasten werden Umluftkühlgeräte zugeschaltet. Die Wärmepumpe versorgt hierzu im Neubau die Fußbodenheizung und im Altbau die Wandheizung mit gekühltem Wasser, im Winter unterstützt sie das eingesetzte Blockheizkraftwerk. Durch die Wandheizung im Altbau konnte auch gleichzeitig auf eine aufwendige Innendämmung der Außenwände verzichtet werden.
Restaurant
Der Entwurf sieht im Erdgeschoss des Altbaus eine Gastronomie vor. Nach der Entscheidung des Hauptsponsors auch einen hochwertigen Ausbau des Restaurants zu übernehmen, konnte mit dem entstandenen Vertrauensgewinn studioinges auch den Auftrag für die Planung und Ausführung des Gastronomieausbaus erhalten. Dies wurde als kleines Seitenprojekt mit viel Engagement verfolgt. Größte gestalterische Herausforderung war hier der Wunsch im gleichen Raum tagsüber eine familiäre Atmosphäre als Bistro für die jugendlichen Besucher der experimenta zu schaffen, während abends eine gehobene Gastronomie stattfinden soll. Der Pächter Umberto Scuccia, einer der bekanntesten und besten italienischen Köche Baden-Württembergs, wählte hierbei bewusst auch zwei unterschiedliche Namen für die Gastronomie: am Tage firmiert er unter „mela verde“, nach Betriebsschluss der Ausstellung wird der Abendname „allegro da umberto“ mit einem Gobostrahler an die Fassade projiziert.
Ein Hauptgedanke des Entwurfes ist es, auch hier möglichst viel von der alten Struktur des Hagenbucherspeichers in den neuen Gastraum zu transportieren. Um den großzügigen Raumeindruck und das prägnante Stahlbetonskelett aus Stützen und Unterzügen weiterhin erlebbar zu machen, bleibt diese Konstruktion sichtbar und „fließt“ über die als Raum-im-Raum konzipierte Küche und Sanitärzone. Durch das Loslösen von der Deckenkonstruktion können zudem unschöne Anschlusspunkte vermieden werden. Notwendige Lüftungsinstallationen laufen sichtbar an der Decke, um den Industriecharakter des Gebäudes zu unterstreichen. Der nüchternen
aber charmanten Industriearchitektur des Speichers wurden mit einem Parkettboden und mit der Einrichtung warme, hölzerne Töne entgegengesetzt. Die alten Backsteinwände bekamen eine leicht transparente Kalkschlemme. Die Küche und der Sanitärtrakt wurden als besondere Möbelstücke behandelt und erhielten eine Schrankbekleidung mit unterschiedlichen Funktionen aus anthrazitfarbenen Tafelschichtstoff. Ein fünf Meter langes Schiebeelement mit klappbaren Motivtafeln verhilft dabei den Wechsel vom Tagesbetrieb zum Abendbetrieb zu vollziehen: abends verdeckt es die Selbstbedienungstheke, tagsüber das hinterleuchtete Weinregal. Auch wurde zusammen mit studio dinnebier eine komplett unterschiedliche Lichtinszenierung für den Tages- und den Abendbetrieb konzipiert. Freianlagen Am Schnittpunkt der neuen Fußgängerbrücken entstand auf der Nordseite des Gebäudes der neue Vorplatz mit direktem Bezug zum Foyer und dem im Entwurf einbezogenen alten Mühlgraben. Südlich des Gebäudes wurde im Entwurf der so genannte Talentgarten für Außen-Exponate angelegt. Die Ausgestaltung dieser Flächen übernahmen die Stuttgarter Landschaftsarchitekten Wiedemann + Schweizer. Für die Beleuchtung war studio dinnebier verantwortlich, die unter anderem einen „Strahlerbaum“ zur Platzausleuchtung entwickelt haben. Zwischen Talentgarten und Südfassade liegt die Restaurantterrasse als Stahlkonstruktion mit Holzbelag, die - wie der Anbau - zum Hagenbucher verschoben ist und damit in den Flusslauf des Neckars ragt.
Junges Büro
Studioinges wurde beim anonymen Wettbewerbsverfahren als eines von zwei aus der Kategorie „Junges Büro“ gesetzt. Nach der Bekanntgabe des Siegerentwurfes konnte das Büro einen großen Vertrauensvorschuss beim Bauherrenvertreter, dem Hochbauamt Heilbronn, erlangen. Der Auslober stand zu der einstimmigen Preisgerichtsentscheidung, so dass studioinges für alle Leistungsphasen beauftragt wurde. Es entwickelte sich eine effektive und gute Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten. Die örtliche Bauleitung hat studioinges dem Stuttgarter Büro Guggenberger + Ott Architekten übergeben. Auch diese Zusammenarbeit gestaltete sich sehr fruchtbar und gut. Der von der Dieter-Schwarz-Stiftung als Hauptsponsor gewünschte Fertigstellung im September 2009 bzw. Eröffnung im November 2009 erforderte eine sehr straffe Planungsphase und Bauzeit. Ein Vorteil darin war, dass langwierige Entscheidungsprozesse vermieden und somit alle wichtigen Elemente des Wettbewerbsentwurfes durchgehalten wurden. Schlussendlich konnten alle Termine dank dem Engagement aller Beteiligten eingehalten werden: Zwischen Wettbewerbsentscheidung und Beginn der Bauarbeiten lagen nur neun Monate, die Bauzeit betrug lediglich 18 Monate. Die Ausstellungsbauer konnten dabei sukzessive mit ihrem Einbau während der Bauzeit beginnen, so dass zwischen der Fertigstellung des Hochbaus und der Eröffnung zwei Monate ausreichten, um das Gebäude fertig einzurichten und einen Probebetrieb zu realisieren. Auch der vorgegebene Kostenrahmen konnte am Ende eingehalten werden.
Wettbewerb
Januar bis März 2007
beschränkt offener Realisierungswettbewerb
32 teilnehmende Büros
Flächen
Brutto-Geschossfläche: 8.713 qm
Nutzfläche: 5.742 qm
Ausstellungsfläche: ca. 2.700 qm
Bruttorauminhalt: ca. 34.100 qm
Geschosse
Kellergeschoss
Erdgeschoss
Fünf Obergeschosse
Dachebene
Baukosten
15,8 Mio. Euro brutto
in den KG 200 bis 700 Hochbau und Freianlagen
(ohne Ausstellung)
12,8 mio. Euro brutto
in den KG 300 und 400 (ohne Ausstellung)
Projektmitarbeiter studioinges
Thomas Bochmann
Stefan Schwirtz
Francesca Saetti
Bianka Papke
Julia Sohn
Elmar Khan
Sebastian Nicollé
Altbau „Hagenbucher“
Fertigstellung 1936
Planung: Hermann Wahl-Staus
Bauzeit
Hochbau: 18 Monate
Fertigstellung im September 2009
Eröffnung
12. November 2009
Projektbeteiligte
Architekten
studioinges Architektur und Städtebau
Stubbenkammerstraße 4
10437 Berlin
Bauherr
Stadt Heilbronn
Schul-, Kultur- und Sportamt
Marktplatz 17
74072 Heilbronn
Betreiber
experimenta - Science Center der Region
Heilbronn-Franken
Kranenstraße 14
74072 Heilbronn
Projektleitung
Stadt Heilbronn
Hochbauamt
Cäcilienstraße 49
74072 Heilbronn
Bauherr Ausbau Gastronomie
Kaufland Gaststätten-Betriebe
Rötelstraße 35
74172 Neckarsulm
Objektüberwachung
Guggenberger + Ott Architekten
Reinbeckstraße 40, 70565 Stuttgart
Tragwerksplanung
Wulle Laig Ingenieure
Kreuzenstraße 98, 74076 Heilbronn
Lichtplanung Fuge, Foyer, Freianlagen, Restaurant
studio dinnebier
Franklinstraße 15, 10587 Berlin
Landschaftsplanung
Wiedemann + Schweizer
Pflasteräckerstraße 77, 70186 Stuttgart
Ausstellungskonzept, Projektentwicklung
Petri & Tiemann
Fahrenheitstraße 11, 28359 Bremen
Ausstellungsdesign, Leitsystem, div. Einrichtungen
GfG Gruppe für Gestaltung
Altes Zollamt Waller Stieg 1, 28217 Bremen
Fachplanung Elektrotechnik, Fördertechnik
Ingenieurbüro Werner Schwarz
Waldstraße 10, 70597 Stuttgart
Fachplanung Haustechnik
Ingenieurbüro Herrenbauer + Kurz
Uhlandstraße 21, 74072 Heilbronn
Bauphysik und Akustik
Horstmann + Berger
Rosenstraße 53, 72213 Altensteig
Brandschutzplanung
Halfkann + Kirchner Brandschutzingenieure
Richard-Lucas-Straße 4, 41812 Erkelenz
Baugeologie
Töniges Beratende Geologen und Ingenieure
Kleines Feldlein 4, 74889 Sinsheim
Medienplanung Veranstaltungsbereich
Günthner Ingenieure
Raiffeisenstraße 16, 70771 Leinfelden-Echterdingen
Laborplanung
Waldner Laboreinrichtungen
Anton-Waldner-Straße 10-16, 88239 Wangen
studioinges wurde im Jahr 2004 von Stefan Schwirtz, Thomas Bochmann und Francesca Saetti gegründet. Seitdem ist das Büro entwurflich auf verschiedenen Gebieten der Architektur und des Städtebaus tätig. Die Facette der Themen reicht von der großmaßstäblichen städtebaulichen Planung bis hin zu Wohngebäuden und gastronomischen Innenausbauten. Das Science Center in Heilbronn ist das erste große Realisierungsprojekt des Büros.
Kontakt
studioinges Architektur und Städtebau
Stubbenkammerstraße 4
10437 Berlin
Telefon 030-27496921
Telefax 030-27496922
E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet www.studioinges.de
Francesca Saetti
1970 geboren in Padova
1990-1995 Architekturstudium am Istituto
Universitario d‘Architettura Venezia, Italien
1995-2000 Architekturstudium an der TU Berlin, Diplom 2000
2000-2004 Mitarbeit im Büro Léon Wohlhage Wernik, Berlin
2004 Gründung studioinges
2004 Mitarbeit bei der IX. Architekturbiennale Venedig
2005-06 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BTU Cottbus, Fakultät Architektur
Thomas Bochmann
1972 geboren in München
1994-2002 Architekturstudium an der
Bauhaus-Universität Weimar, Diplom 2002
1998-1999 Studium an der Universidad de
Valladolid, E.T.A. Arquitectura, Spanien
2001-2006 Mitarbeit in verschiedenen
Architekturbüros, u.a. im Büro Léon Wohlhage Wernik, Berlin
2004 Gründung studioinges
Stefan Schwirtz
1973 geboren in Gera
1994-2001 Architekturstudium an der
Bauhaus-Universität, Weimar Diplom 2001
1998-1999 Studium an der Strathclyde University Glasgow, architecture and urban planning, UK
2000-2006 Mitarbeit in verschiedenen
Architekturbüros, u.a. im Büro
Léon Wohlhage Wernik, Berlin
2004 Gründung studioinges
Fotografien
alle Bilder: Dietmar Strauß, ausgenommen eigene Aufnahmen studioinges. Es sind zahlreiche weitere Fotografien zum Projekt von Dietmar Strauß vorhanden. Kontaktabzüge zu allen Aufnahmen werden auf Anfrage gerne zugesendet. Grafiken und alle Zeichungen: studioinges
Fotograf
Dietmar Strauß
Architekturfotografie
Eberhardstraße 14
74354 Besigheim
Telefon 07143-96 53 41
Fax 07143 -96 53 42
E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!