Flucht und Rettungspläne gehören zu jedem Bauvorhaben unabdingbar mit dazu. Die Normen und Verordnungen sind sehr hochgeschraubt. Der Brandschutz ist einer der wichtigsten Bestandteile während einer Planung, wozu auch Notfallreglungen gehören, die in Kraft treten, wenn ein Feuer ausgebrochen ist und es für jeden Einzelnen heißt, sich aus der Gefahrenzone an einen sicheren Ort zu bringen.
Die in der Publikation verwendeten Flucht- und Rettungspläne verschaffen einen Überblick, wie genormte Rettungspläne auszusehen haben. Symbole und Farben sind nach strengen Regeln festgelegt. Jedes Detail muss hierbei genauestens beachtet werden. Hierbei können Ratgeber wie dieser recht hilfreich bei der Anschauung sein, wenn Inhalte noch nicht verstanden sind und erst auswendig gelernt werden oder Normänderungen eine Umstellung bei der praktischen Anwendung notwendig werden lassen. Daher unterscheidet sich der Band aus dem Rudolf Müller Verlag gar nicht so sehr von seiner zugehörigen DIN-Vorlage. Denn was in "Flucht- und Rettungspläne" in Beschreibungen ausgeführt wurde, orientiert sich genau an diesen Normen. Diese Normen sind reine Sachtexte, die ohne jedes Beiwerk und ausschmückende Umschreibung auskommen. Deshalb gibt es Sachbuchverlage, die sich zur Aufgabe gestellt haben, die trockene Materie der Normen und Verordnungen in eine verständliche Sprache zu übersetzen und diese gegebenenfalls mit Beispielen aus der Praxis zu erweitern.
Der Unterschied zu einer Sammlung der reinen Normen und Verordnungen liegt in der zusätzlichen Bebilderung, ohne welche diese Publikation nur langweilig wäre. Reich bestückt mit Bildern und zahlreichen Fotos, die aus der Praxis berichten und aus der Umgebung zu Feuer- und Rettungswegen anschaulich herleiten. Wobei keine Schreckensszenarien aufgemalt werden, wie das zur Abschreckung in der Vergangenheit häufig in den Publikationen versucht wurde. In der Einleitung zum aktuellen Band wird unter anderem Bezug auf das Loveparade-Unglück in Duisburg im Jahre 2010 genommen oder die Brandkatastrophe in Kemerovo von 2018 erwähnt, die mit Foto zum Hergang zitiert werden. Das genügt schon und gibt drastische Einblicke in den Verlauf solcher Unglücksfälle. Mehr ist gar nicht nötig und hätte vielleicht negative Folgen bei der Betrachtung gehabt, wenn Moralisierung an vorderster Front stehen würde. Wenn die Publikation und deren Bilder auch sehr gemäßigt wirken, so dienen sie in jedem Fall auch als Aufklärung. Denn Vorbeugung heißt die Devise beim Brandschutz, die auf mögliche Brandgefahren hinweisen will. Das Rettungswesen folgt einer eigenen Kategorie und steht in enger Verbindung zur Feuerwehr. Die Feuerwehr entscheidet darüber, wann ein Rettungsweg als solcher zugelassen ist.
In erster Linie geht es zu Beginn der Publikation um Begriffsdefinitionen, denn schon hier können Missverständnisse entstehen. Das mag zunächst sehr simpel klingen, kann aber von elementarer Bedeutung sein. Wenn die Frage gestellt wird, was ist ein Rettungsweg? Was sind Aufenthaltsräume, was will die Brandschutzverordnung sagen und wozu wird ein Brandschutzkonzept gebraucht? Beide Autoren, Martin Roszak und Constantin Schmitz sind Brandschutzsachverständige und kennen sich im Fach bestens aus. Bei Grundlagen und Anforderungen besteht zuerst der Zugriff auf die Musterbauordnung, MBO, in der wichtige Punkte zur Vorbeugung und zur Brandschutz-Regulierung festgelegt sind. Die Kenntnis davon kann Vorteile bringen. Das bedeutet in der Praxis, jeder Aufenthaltsraum muss mindestens einen baulichen Rettungsweg aufweisen. Hier fragt sich der Laie natürlich, soll das ein Schildbürgerstreich sein oder was ist mit dieser Formulierung gemeint? Denn ein Raum ohne Tür ist kein Aufenthaltsraum. Ich behaupte, einen Raum völlig ohne Öffnung gibt es gar nicht außer vielleicht in einer Grabkammer oder im Kerker, die zugemauert sind, doch selbst diese Räume verfügen über eine Öffnung zum hineinkommen. Es handelt sich um eine Formulierung aus dem Sprachgebrauch der juristischen Fachsprache, wenn gesagt wird: jeder Aufenthaltsraum muss mindestens einen Rettungsweg aufweisen. Hiermit lernen Leser die Sprache der Normen kennen. Sie ist der Sinnstifter bei der Sache, um ein besseres Verständnis zu haben.
Das Fachbuch widmet sich zunächst den zahlreichen Anforderungen aus Normen, Richtlinien und der Arbeitsstättenverordnung. Darüber hinaus liefern die Autoren ausführliche Informationen zu Gestaltung, Inhalten, Ausführung, Symbolik, Umsetzung und Aktualisierung von Flucht- und Rettungsplänen sowie zur Konzeption von Rettungswegen. Hierbei werden auch die Besonderheiten der dynamischen Fluchtwegsteuerungen erläutert. Zahlreiche Praxisbeispiele für Sonderbauten sowie eine Checkliste und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung helfen bei der Planung und Erstellung der Pläne.
Ganz wesentlich in den weiteren Erläuterung sind auch diverse Pfeilbilder, die eine Richtung vorgeben und helfen sollen, den Fluchtweg leicht zu finden. Erkennbar ist ein weißer Pfeil, der invertiert auf grünem Grund erscheint, der in verschiedene Richtungen weisen kann. Um sich die vielen Symbole merken zu können und einen Namen zu haben, ist es hilfreich, einen Katalog mit Symbolen vor sich zu haben, um schnell nachschauen zu können, zumal viele der Symbole kaum voneinander unterscheidbar sind und Gefahr laufen einer Verwechslung zu unterliegen.
Weiterer aber ganz wesentlicher Punkt ist die Aktualisierung der Normen und welche Auswirkungen die Änderungen bei der praktischen Umsetzung haben. Das ist ein fortlaufender Prozess der Inbetriebnahme und der Novellierung, ein Endpunkt wird hierbei niemals erreicht werden, sondern lebenslange Beschäftigung ist das Ziel dieser Herangehensweise.
Eine Buchrezension von Kulturexpress