Große Bibliotheken sind meist in bedeutsamen Gebäuden untergebracht. Je größer desto spektakulärer wirken sie. Besonders in Hauptstädten der Nationen oder in den Metropolen der Welt finden sich großartige Bauten, die um sich herum weitläufige Gebäudeensemble versammeln. Ausdruck der Lebenskultur, wenn Bibliotheken einen Platz in der Umgebung haben. Entsprechend hoch sind Ansprüche an solche Gedankengebilde, deren Architektur oftmals zum Staunen einlädt. Wobei die Architektur nicht zuletzt auch nur wieder aus dem Wissensbestand eben jener Bibliotheken herrührt. Der Unterschied zur Schule kann verschwindend gering sein, denn Bibliotheken an sich erfüllen schon den Zweck einer Bildungseinrichtung. Bibliotheken wirken sich somit auf die gesamte Umgebung aus. Sie haben sich vom Herrschaftsinstrument des Historismus zum Speicherort für Viele entwickelt. Bücher erobern die Welt. Ihr Inhalt hat Einfluss auf die Systeme. Mittlerweile kann sogar angenommen werden, dass quasi eine Umkehrung stattfindet, in welcher die Flut der zu Papier gewordenen Werke längst die Hand über die Systeme gelegt hat und genauso über Bauform und Konzeption der Architektur mitbestimmt.
Bibliotheken werden meist von unendlichen Regalreihen ausgefüllt, die mit Büchern bestückt sind oder umfassende Sammlungsschätze aufbewahren. Dabei erinnern sie bisweilen an Datenbanken. Bibliotheken unterscheiden sich jedoch von bloßen Archiven dadurch, dass sie nicht verstecken wollen, sondern möglichst viel Transparenz in alle Richtungen aufzeigen. Das Publikum soll dazu eingeladen sein teilzunehmen und sich als Nutznießer erweisen. Es war Rem Koolhaas Stadtbibliothek in Seattle von 2004, die einen neuen Typus von Bibliotheken definierte. Er spiegelte damit die Entwicklung vom elitären Bildungstempel hin zum öffentlichen Wohnzimmer. Immer mehr entstanden Mischformen aus Bibliothek und Kaufhaus oder Theater. Zudem galt es, die Allgegenwart elektronischer Medien planerisch zu berücksichtigen; so dass jede neue Bibliothek durchaus Bereiche komplett ohne Bücher enthält. Die fortschreitende Digitalisierung ist eingezogen in die heiligen Hallen, die schon längst keine heiligen mehr sind, sondern sich zu Gemeinplätzen für die anwachsende urbane Bevölkerung verwandelt haben. Das Grundlagenwerk stellt in einem breiten systematischen Teil ganz gezielt die entwurfsorientierten, technischen und planerischen Voraussetzungen des Bibliotheksbaus dar. Spezialaspekte wie RFID, Orientierungssysteme, Akustik oder besondere statische Anforderungen werden in eigenen Beiträgen von Experten erläutert. In vier Kategorien – Nationalbibliotheken, große öffentliche Bibliotheken, kleine öffentliche Bibliotheken, wissenschaftliche Bibliotheken – werden schließlich ca. 40 internationale wegweisende Projekte dokumentiert, darunter Jo Coenens Openbare Bibliotheek Amsterdam, Alvaro Sizas Kleinod der Stadtbibliothek für Viana do Castelo oder Mecanoos 2013 eröffnete Library of Birmingham. Der große kartonierte Quartband dokumentiert zukunftsweisende und innovative Entwürfe Fachbeiträge von Experten aus Architektur und Bibliothekswesen zum Entwurfs- und Planungsprozess.
Neben einem beschreibenden allgemeinen Teil zum Thema Bibliotheksbauten werden auch mehrere Bauprojekte einzeln vorgestellt, die Anschauungsmaterial liefern. Mehrere Fotos bilden Innen- und Außenarchitektur unterschiedlicher Bauformen ab von unterschiedlichen Architekten. Lagepläne, Schnitte und zahlreiche Grundrisse im Maßstab 1:100 vervollständigen das Bild der Bauten. Darunter ist das Jacob- und Wilhelm Grimm Zentrum der Humboldt-Universität in Berlin erbaut von Max Dudler. Dazu zählt auch das IKMZ- Informations-, Kommunikationszentrum und Medienzentrum der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus von Herzog & de Meuron.
Eine Buchrezension von Kulturexpress
Siehe auch: Entwurfsatlas Bibliotheken Vorschau in google books