Das Kaff lebt und schiebt sich zwischen Baustellenalltag und Fußballverein so durch den Tag hindurch. Gewinnt an Boden und verliert ihn wieder in den Alltagsschläuchen der bürgerlichen Welt. Am besten sind die vielfältigen Überschriften im Roman, die da heißen: Gewölbekeller, Kraftpfeile, Türschwelle, Bauchraum, Chorpause, Lichtsirup und viele andere Wirkungsbegriffe mehr. Sie tragen Abwechslung ins Buch hinein. Das spornt an unvermittelt weiter zu lesen. Sprachlich hält sich das Niveau in einem durchaus schlagfertigen und gängigen Jargon. Erzählt wird zwischen Notdurft und anderen Orten. Caféhausstimmung kommt auf. Lesen verkommt so nicht zur reinen Kopflast, hält nebenbei auch belletristisch wunderliches bereit.
Es handelt sich um eine Form der Bestsellerlektüre, die ohne weiteres unter den Arm geklemmt werden kann, um praktisch an jedem Ort in der Stadt, in geschlossenen Räumen oder auf der Wiese weiter zu lesen. Der Witz daran ist schon frappant! Wenn Baustellengespräche über die nächste Bauabnahme den Leser einladen gleich mit daran teilzunehmen. Bauarbeiten werden ausgeführt. Dahinter steht ein gewisser Anspruch der Vermittlungsarbeit zwischen Stadt und Land. Das Kaff ist nicht nur schlecht, sondern ist entlarvend. Bietet Ausweichmöglichkeiten zu den Gegensätzen in Berlin oder Hamburg. Ein norddeutsches Geflecht entpuppt sich beim genaueren Hinschauen. Manchmal werden auch Örtlichkeiten bezeichnet, wenn vom Flüsschen Ull die Rede ist. Der Autor stammt aus Lüneburg und kennt die Umgebung. Doch all dies sind nur oberflächliche Umschreibungen. Der Text bleibt im Fluss, wenn der Stoff auch nur aus baulichen Gegebenheiten besteht oder der Linksaußenverteidiger aus dem Fußballclub gerade eine Panne übersteht vor dem Tor in die nächste Liga - Bekömmliche Muse bietet dieser süffisante Urlaubsroman - Auf jeden Fall für diejenigen geeignet, die mehr aus der Klamottenkiste der Baustellenarbeit erfahren wollen. Schildbürgerstreiche wäre zu viel gesagt. Denn Baufortschritte bestehen aus in sich wiederkehrenden Widersprüchlichkeiten, die von einem Sachverständigen erst aufgedeckt werden müssen. Aufblühendes und Beziehungen zwischen Mann und Frau werden präsentiert, begleiten das Geschehen unwillkürlich, wie sollte das auch anders sein im Kaff, in dem sich der Traum vom selbstgebauten Eigenheim traumwandlerisch erfüllen soll. Die stilvolle Inneneinrichtung im Sinne Le Corbusiers nimmt den Anfang eines Kapitels ein. Spitze Bemerkungen fallen und werfen ein brauchbares Sittenbild der Gesamtheit auf. Doch der Handlungsstrang, die Durchgängigkeit der Personen und deren schriftstellerische Charaktere verschwimmen meiner Meinung zu sehr zugunsten des durchaus flüchtigen Lesestoffs. Der Roman ist schnell durchgelesen. Was schließlich bleibt, ist die Hauptperson, jene erzählt mit leichtem Unterton und mit einer gewissen Abfälligkeit vom Tagesablauf. Das tägliche Einerlei eben, das sich Geltung verschaffen will.
Eine Buchrezension von Kulturexpress
Klappentext:
Familie, Freunde, Erinnerung? Darauf hat Architekt Michael Schürtz nie etwas gegeben. Er ist für die Karriere in die Großstadt gezogen und kehrt nur widerwillig für einen Bauleiterjob in seinen Heimatort zurück. Doch die Menschen kommen ihm näher, als er möchte. Und irgendwann muss er einsehen, dass er nie mehr war als das: ein Nobody aus einem Kaff in der norddeutschen Tiefebene. Und dass sein Leben hier und jetzt beginnen kann.