Freidorf in Muttenz bei Basel

Das Freidorf - Die Genossenschaft
Leben in einer aussergewöhnlichen Siedlung
Siedlungsgenossenschaft Freidorf (Hg.) Mit Beiträgen von Conradin Bolliger Maiolino, Dorothee Huber, Matthias Möller, Philipp Potocki, Caspar Schärer und Sabine Wolf
Christoph Merian Verlag, 1. Auflage, 2019
gebunden 204 Seiten, 136 teils farbige Abb.
Größe: 21 x 27 cm
ISBN 978-3-85616-898-8

 

Im Freidorf sollte eine neue, umfassende Gemeinschaft auf genossenschaftlicher Grundlage entstehen. Was daraus geworden ist, zeigt der folgende Band aus dem Christoph Merian Verlag mit . ganzseitigen Fotografien und plakativer Beschreibung, die sich auf den personenbezogenen Umgang beruft, der mit genossenschaftlicher Selbstverwaltung in Zusammenhang steht. Historische Bilder belegen das gemeinsame Vorgehen der Bewohner in der Gartenstadt. Ihr Handeln ist Sinnbild für ein Gelingen des gesamten Bauprojekts, was schon in den 1920er Jahren seinen Anfang genommen hat und bis in die Gegenwart hinein in abgewandelter Form weiter existiert.

 

Äußerlich mag die symmetrische Anordnung der Wohnbauten in Freidorf mit Satteldach zunächst gar nicht so andersartig und vielversprechend wirken. Reihenhaussiedlungen in dieser Form sind nicht ungewöhnlich und finden sich zuhauf in der Welt. Die Reihenbauweise ist Standard und findet allerorts Anwendung. Die Reihenbauweise folgt ökonomischen Erwägungen.

 

Besonders an dem Vorhaben ist, dass im Freidorf in den Jahren von 1920 bis 1948 eine eigene Währung kursierte. Womit im Laden bezahlt wurde. Es heißt nur, das System hatte seine Berechtigung war aber zu ambitioniert und konnte den Veränderungen in der Welt nicht stand halten. Das Freidorf wollte von Anfang an mehr sein als nur Wohnsiedlung. Seine Gründer dachten immer an die gesamte Lebenshaltung, ihnen schwebte eine umfassend solidarische Gesellschaft vor. Obwohl nicht vollständig nach Plan umgesetzt wurde, bleibt das Freidorf ein Vorbild für eine soziale und nachhaltige Lebensweise.

 

Der vorliegende Band ist für Architekten und Planer gleichermaßen interessant, insbesondere auch Freiluftplaner können sich angesprochen fühlen, da neben aufklappbaren Plänen der Originalzeichnungen zu den Reihenhäusern auch Gartenkultur und Freiluftplanung Bestandteil dieser Pläne sind. Überschriften zu den Texten sind einfach aber markant  gehalten, wenn der Bauwart, der Nachwuchsarchitekt, der Baumeister, Gartenstadt als Selbstversorger, Freiraumgestaltung im Kontext der Zeit, Konzept und räumliche Organisation und anderes mehr postuliert sind.  

Die Autorin Huber, Dorothee hatte über das Freidorf in Muttenz auch schon im Architekturführer Basel: Die Baugeschichte der Stadt und ihrer Umgebung (2014) ebenfalls im Christoph Merian Verlag erschienen.

 

Eine Buchrezension von Kulturexpress

 

 

Das Freidorf in Muttenz bei Basel ist eine einzigartige Genossenschaft von internationaler Ausstrahlung. Hier entstand vor 100 Jahren die Vision der ersten Vollgenossenschaft der Schweiz, umgesetzt von Bernhard Jaeggi, entworfen und gebaut vom späteren Bauhausdirektor Hannes Meyer.

Die aufblühende Industrie in Basel Anfang des 20. Jahrhunderts zog tausende einkommensschwache Familien in die Umgebung. Doch der Wohnraum war knapp und die Lebensumstände der Arbeiterfamilien waren schlecht. Auch aufgrund dieser Umstände wurde 1919 die Siedlungsgenossenschaft Freidorf gegründet. Den Gründern des Freidorfs um Bernhard Jäggi, Präsident des Verbands schweizerischer Konsumvereine (heute Coop), schwebte neben fairen Warenpreisen und einem Leben in Würde noch viel mehr vor: Eine genossenschaftliche Gesellschaftsform, die die Utopie der Überwindung der Gegensätze zwischen Kapitalismus und Sozialismus verwirklichen sollte.

Mitten auf der grünen Wiese zwischen Basel und Muttenz erbaute Architekt Hannes Meyer eine Mustersiedlung aus 150 Reihen-Einfamilienhäusern in Form einer Gartenstadt. Die gebaute Architektur sollte einen genossenschaftlichen Lebensstil möglich machen. Das Freidorf wurde zu einem Vorzeigeprojekt, einer Genossenschaft, die Antrieb und Inspiration für unzählige weitere Genossenschaften war und auch heute noch ist. Es durchlebte aber auch dunkle Tage: finanzielle Abgründe, ideologische Richtungswechsel, Konflikte mit der Denkmalpflege.
 

Auch wenn die Siedlung heute nicht mehr frei auf einer grünen Wiese steht, bleibt sie eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Schweiz. Noch immer ist das Freidorf eine Gemeinschaft, welche sich nicht auf das Ökonomische reduziert, sondern durch ein vielfältiges genossenschaftliches Leben geprägt ist.
 

Die reich bebilderte und mit originalen Bauplänen versehene Publikation behandelt Aspekte der Architektur - wie auch der Sozialgeschichte. Zehn Porträts von Bewohnerinnen und Bewohnern geben außerdem einen Einblick in das aktuelle Leben und die Gemeinschaft im Freidorf. Eine ausführliche, bebilderte Chronik vervollständigt die Publikation.

 

Siehe auch: Jubiläumsfest 100 Jahre Freidorf

Siehe auch: Architekturführer Basel - Die Baugeschichte der Stadt und ihre Umgebung

 

 

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