Bauhaus Imaginista

Bauhaus Imaginista
Die globale Rezeption bis heute
Herausgegeben von Marion von Osten und Grant Watson
Scheidegger & Spiess, Zürich

1. Auflage, 2019
Gebunden, 312 Seiten, 193 farbige und 13 sw Abb.
Größe: 24 x 30,5 x 3,3 cm
ISBN 978-3-85881-623-8

Erzählt werden in bauhaus imaginista internationale Geschichten des Bauhauses. Seit März 2016 verfolgt das Rechercheprojekt die transnationalen Beziehungen, die Korrespondenzen und Geschichten von Migration, die über die Jahre des Bauhauses als Schule hinausreichen, womit die Bedeutung für die Gegenwart aufgezeigt werden soll. Was sicherlich ein notwendiges Unterfangen ist, um den Kult um das Bauhaus zu rechtfertigen. Globale Verflechtungen wurden in einem derartigen Umfang bisher noch nicht reflektiert, heißt es im Buch. Positiv anzumerken ist, dass Teile der bauhaus imaginista-Ausstellung über das Jahr 2019 hinaus unterwegs sein werden. Sie werden als mobile bauhaus imaginista in den Goethe-Instituten der Welt ausgestellt.

Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Band erschienen, der die globale Rezeption bis in die Gegenwart aufarbeitet. Herausgegeben wurde das 312Seiten umfassende Buch von Marion von Osten und Grant Watson, das mit zahlreichen Abb. in Farbe und s/w gestaltet wurde und aus vier wesentlichen Kapiteln besteht. Viele ganzseitige Abbildungen kommen vor. Der Text ist im Format 25 x 30 cm überwiegend zweispaltig gehalten, was einfache Lesbarkeit ermöglicht. Das Schriftbild ist mit großzügigen Überschriften ausgestattet. Die abgebildeten Exponate sind keine Massenabbildungen, sondern bestehen aus ausgewählten Einzelstücken, die sonst nicht so häufig in den Ausstellungen auftauchen. Der Buchdeckel ist hellrot, der Buchrücken aus gelbem Leinen. Aus dem gleichen Gelb besteht das innere Vorsatzblatt, somit handelt es sich um ein qualitätsvoll hergestelltes Werk aus dem Scheidegger & Spiess Verlag.
1 Corresponding with beschäftigt sich unter anderem mit Johannes Ittens Wirkung auf Japan. Behandelt das Walter-Gropius Manifest zum Bauhaus. In Kapitel 4 trifft er auf China. Ein anderer Beitrag erkennt das Modell für ein Lehrinstrument im Bauhaus, was ja gedanklich nicht ganz abwegig ist. Schließlich wird Bauhaus oftmals mit einer bestimmten Stilrichtung verbunden. Kapitel 2 Learning from versucht Bauhaus und indigene Völker zu kombinieren. Betrachtet die Weltkunstbücher der 1920er Jahre ambivalent und studiert Paul Klees bildnerische Webarchitekturen. Somit finden sich großartige Themen wieder, die sich bauhaus imaginista vorgenommen hat. Das Wort imaginista bedeutet so viel wie einfallsreich und metaphorisch. Kapitel 3 Moving away beschäftigt sich unter anderem mit dem CIAM Protest der Jahre um 1932 und nimmt sich Arieh Sharons Ife-Universität in Nigeria zur Ansicht. Kapitel 4 Still Undead fragt nach, warum wir vom Bauhaus nicht mehr lernen können heutzutage? Und von Lazlo Moholy-Nagy stammt der Beitrag: Partiturskizze zu einer mechanischen Exzentrik.

Vielschichtige Themenbereiche mit denen sich zu befassen etwas Ausdauer benötigt, was im internationalen Kontext verstanden werden will. Die Idee vom Bauhaus dringt damit in die verschiedensten kulturellen Bereiche ein, transformiert diese bis hin zu einer in der Gegenwart verständlichen strukturierten Lesbarkeit. Inwieweit das immer erwünscht ist, wäre zu hinterfragen. Denn Transformation bedeutet auch Verfremdung zu etwas neuem und anderen. Kulturgüter aber leben davon, damit sie unberührt bleiben von äußerlichen Einflüssen. Davon hängt ihr Überleben ab. Inwieweit Bauhaus noch einen pädagogischen Zweck erfüllt, ist ebenso fraglich. Darum der Versuch solche Themen wie Migration, Korrespondenz und internationale Beziehungen aufzugreifen. Mittlerweile wird mit Bauhaus oftmals eine Bauweise verknüpft, die sich von der Tradition stets abwendet, durchaus im faustischen Sinne gedacht. Stattdessen haben sich Rationalisierung und Gleichförmigkeit nicht nur beim Bauen eingebürgert, was heutzutage eher zu einem Verlust an Lebensqualität führt. Die Idee des Bauhauses war systemorientiert, im übrigen ganz typisch für Schule mit spezieller Ausrichtung. Letztlich führt das zu heftiger Kritik, die seinerzeit bis zu Verfolgung und Ausgrenzung am Bauhaus in Dessau reichte. Lebensqualität zurückerobern, sollte deshalb eine der Prämissen des Bauhauses der Gegenwart sein.

Wäre fein, wenn der Katalog zur Ausstellung nicht nur auf Englisch und Deutsch publiziert würde. Eine mehrsprachige Ausgabe hätte hier Abhilfe geleistet. Gerade die romanischen Sprachen wie: Französisch, Italienisch, Spanisch oder Portugiesisch sind genauso wichtig, um internationalen Anspruch zu beweisen und transnationale Beziehungen zu offerieren. Eine russischsprachige Ausgabe wäre sinnvoll gewesen, wenn dort der frühe Konstruktivismus auch mehr von Bedeutung ist. Die deutschsprachige Ausgabe erscheint im Verlag Scheidegger & Spiess, während Thames & Hudson die englischsprachige Ausgabe übernommen hat.
 
Eine Buchrezension von Kulturexpress
 
 
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Bucheinband: Scheidegger & Spiess, Zürich
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