Aufbruch Kulturquartier - Ideen zur Stuttgarter Kulturmeile

Fünf international renommierte Teams sind auf Einladung der Initiative „Aufbruch Stuttgart“ in die Landeshauptstadt Baden-Württembergs gekommen. Ihr Auftrag war, ohne jegliche Art von Zwängen und Vorgaben und Verboten, Ideen für eine menschengerechte Zukunft der sogenannten „Kulturmeile“ zu entwickeln. Was dabei herauskam, sorgte bei der Präsentation im Stuttgarter Haus der Architekten für Staunen, Verblüffung und Applaus. Die Ergebnisse haben das Zeug dazu, die Stadt zu verändern.

Meldung: Der Raumjournalist

 

Eine Kurzdokumentation sowie Interviews mit Protagonisten, die am Workshop teilgenommen haben, sind auf dem YouTube-Channel von Aufbruch Stuttgart.

 

Was Stuttgart braucht, ist den Aufbruch in neue Dimensionen. Und die Stadt braucht vor allem positive Themen und den Schwung seiner Bewohner. Für eine Zukunft mit mehr Urbanität, Lebensqualität und Strahlkraft. Denn was die Stuttgarter im Moment erleben müssen durch den Umbau des Hauptbahnhofs Stuttgart 21 ist die die Hölle. Das will keiner durchmachen, was hier den Stuttgartern zugemutet wird. Wer nach Stuttgart fährt, muss über den Hauptbahnhof und wer einmal dort war und versucht zu Fuß auf den Vorplatz zu gelangen, wird erschreckt sein. Denn hier gibt es kein zurechtkommen. Überall stehen Bauzäune, Leitungen wurden quer verlegt. Es sieht aus wie in einem Kieswerk, indem ein abfließender Trichter systematisch den Kiesboden wegnimmt. Ursache ist die Gelände einschließende Großbaustelle und die vehementen Einschränkungen und Unannehmlichkeiten, die damit verbunden sind. Das wird einige Jahre dauern, bis sich hier etwas ändert. Wer auf dem Bahnhofsvorplatz in Stuttgart steht, schafft es nicht bis auf die andere Straßenseite bei dem Verkehrsaufkommen. Fahrspuren vor dem Bahnhof unterliegen der Dauernutzung durch Autos. Es gibt kein Entkommen aus der misslichen Situation. Wer stehen bleibt, schaut verdutzt über die Straße und muss erkennen, hier gibt es keinen Überweg. Einzige Verbindung zur anderen Straßenseite bietet eine Unterführung, deren Eingang hinter langen Wegmarkierungen undeutlich erkennbar ist. Der Weg vom Bahnhof aus aber ist die Voraussetzung, um überhaupt durch Innenstadt bis zur Kulturmeile zu kommen.

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Städtebauliche Situation und Verkehrsaufkommen um den Stuttgarter Hauptbahnhof, am 02. Februar 2019 abends,

Foto (c) Kulturexpress

 

Ein Verein hat sich konstituiert, der fragt sich, wie aus der vom Autoverkehr beherrschten „Kulturmeile“ ein lebendiges Kulturquartier werden kann? Der Aufbruch Stuttgart e. V. hat hierzu eine 44-seitige Dokumentation des Ideen-Workshops „Aufbruch Kulturquartier“ mit zahlreichen Bildern und Plänen veröffentlicht. Die Broschüre kann kostenfrei bestellt werden.

 

Zur Veränderung im Stadtraum Stuttgart beitragen kann eine Bürgerbewegung. Im März 2017 formierte sich deshalb eine Gruppe mit Engagierten zu einem gemeinnützigen Verein „Aufbruch Stuttgart e.V.“ Das Signal fand überwältigenden Widerhall in der Bürgerschaft.

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Tiefbaustelle vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof mit historischem Portalhaus von Paul Bonatz, aufgenommen am 02. Februar 2019 abends, Foto (c) Kulturexpress

Im Moment handelt sich das Vorhaben um eine rasch wachsende, unabhängige und überparteiliche Initiative bestehend aus Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger. Ziel ist es, die Stadtentwicklung und Stadtgestaltung durch Mitwirkung, durch eigene Ideen und Impulse voranzubringen. Die aktuelle Priorität der Initiative liegt auf der Entwicklung von Konzepten für ein ansprechendes Kulturquartier, was im Zusammenhang mit der Sanierung des Opernhauses steht. Ziel ist es weiter, den gesamten Bereich zwischen Schillerstraße, Charlottenplatz und Planie einer Neugestaltung zuzuführen. Dazu gehört insbesondere die Beseitigung der trennenden Barriere Konrad-Adenauer-Straße. Weitere Themen werden folgen.

 

In erster Linie verstehen sich diejenigen, die sich engagieren, nicht als Kritiker, sondern als bürgerschaftliches Gegenüber von Verwaltung und Politik. Mit Workshops, Arbeitsgruppen, Vorträgen und gemeinschaftsfördernden Aktionen werden Beiträge zu einer lebendigen Stadtgesellschaft geleistet, die das Ziel verfolgt, Stuttgart zum Vorreiter moderner Stadtentwicklung werden zu lassen: Mit einem lebendigen Kulturquartier, mit einem mutigen Schritt von der autogerechten zur menschengerechten Stadt.

 

 

Dass sich die Stuttgarter das gefallen lassen!

 

Dieser Satz stammt nicht von irgendwem, sondern vom Mitinhaber eines der weltweit führenden Architektur und Planungsbüros: Pierre de Meuron aus Basel. Der verwunderte Ausruf des Schweizer Stararchitekten bezieht sich auf ein Erbe der „autogerechten Stadt“, auf die Verkehrsschneise der B14, die sich abweisend wie eine offene Wunde durch Stuttgart zieht.

 

Das Büro Herzog & de Meuron – u.a. Erbauer der Hamburger Elbphilharmonie – ist eines der fünf international renommierten Teams die auf Einladung der Initiative „Aufbruch Stuttgart“ in die Landeshauptstadt kamen. Ihr Auftrag war, ohne jegliche Art von Zwängen und Vorgaben und Verboten, Ideen für eine menschengerechte Zukunft der sogenannten „Kulturmeile“ zu entwickeln. Was dabei herauskam, sorgte bei der Präsentation im Stuttgarter Haus der Architekten für Staunen, Verblüffung und Applaus. Die Ergebnisse haben das Zeug dazu, die Stadt zu verändern. Wie kann aus der vom Autoverkehr beherrschten „Kulturmeile“ ein lebendiges Kulturquartier werden?

 

 

 

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  Durchmischung, Entwurf Herzog & de Meuron

 

 

Die Frage, was mit dem Schulgebäude des Königin-Katharina-Stifts geschehen soll, gehört schon seit Beginn der Diskussion um das Kulturquartier zu den ganz heißen Eisen. Jetzt verblüffte das Münchner Büro Allmann Sattler Wappner mit einer Idee, die insbesondere in der Schweiz schon mehrfach praktiziert wurde: Die Verschiebung des ganzen Gebäudes ohne Abriss. Mit moderner Technik kann die Schule als Ganzes um bis zu 50 m verschoben werden und so den Raum für ein weiteres Kulturgebäude, ein Konzerthaus, ein Museum oder eine neue Oper freimachen. Die Teilnehmer sind mit dem Königin-Katharina-Stift unterschiedlich umgegangen. Fast alle empfinden die Lage als Schulstandort nicht optimal.

 

 

Die Architekten von Herzog & de Meuron würden dagegen direkt an die B14 sogar ein neues Schulgebäude stellen und den denkmalgeschützten Altbau als Foyer eines ansonsten neuerbauten Kulturgebäudes nutzen. Der Entwurf des Basler Teams fasziniert vor allem durch eine Idee, die an die New Yorker Highline erinnert: Verwandlung der bestehenden Stadtautobahn in ein grünes Band, das sich unter aufgebrochenen Dächern auch durch die Tunnels zieht, kombiniert mit insgesamt viel Grün auch in anderen Bereichen des Quartiers, dazu eine Wiederbelebung alter Achsen und am Ende einer solchen – vom Littmann-Bau Richtung Königsstraße – könnte ein neues Opernhaus seinen attraktiven Platz finden. Ascan Mergenthaler, verantwortlich für den Bau der Elbphilharmonie vertritt eine klare Position: „Die Konzentration auf das Zentrum ist essenziell. Die einmalige Chance der zentrumsnahen Stadtentwicklung im Gleisfeld Rosenstein darf nicht davon ablenken, dass die Probleme in der Innenstadt zwingend gelösten werden müssen“.

 

Der Ansatz, der von der niederländischen Gruppe KAW vorgeschlagen wird, betont die zentrale Rolle des Stadtraumes um die B14 für die Entwicklung der gesamten Innenstadt. Teamchef Reimar von Meding denkt dabei im wahrsten Sinne „quer“ mit einer Öffnung und Wiederbelebung von Sicht- und Fußgängerachsen im rechten Winkel zur B14 – damit die trennende Wirkung der Verkehrsschneise endlich der Vergangenheit angehört. Dies verbindet die Entwürfe sämtlicher Teams.

 

 

Die Münchner Architekten von Allmann Sattler Wappner setzen dabei dezidiert auf die Verwandlung der „Kulturmeile“ in einen „Kulturboulevard“, der nach und nach dem Autoverkehr entzogen wird. Anziehende öffentliche Räume, Höfe und Gärten sollen im Wechsel mit präzise positionierten Baukörpern die verlorene Stadtraumqualität zurückholen. Alle Teams verfolgen eine Vorgehensweise, die der Schaffung attraktiver Stadträume, Priorität vor einer Lösung der Verkehrsfragen einräumt. Die Notwendigkeit eines Tunnelbaus wird von einem Teil zwar nicht generell ausgeschlossen, soll aber erst nachgeordnet entschieden werden. Erst soll Lebensqualität entstehen.

 

 

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 Entwurf Christoph Mäckler  

 

 

Architekt Christoph Mäckler ist überzeugt: „Die Stadtgesellschaft braucht keine abweisenden Verkehrsstraßen, sondern Stadtstraßen mit Aufenthaltsqualität“. Die interdisziplinäre Gruppe Urban–Think Tank aus Zürich argumentiert ähnlich. Hubert Klumpner beklagt: „Die Stadt hat hochwertige einzelne Objekte und öffentliche Räume, die weiterentwickelt werden können.“ Der Vorschlag der Züricher will stattdessen eine Raumfolge aus Ufern, Staffeln und einer neuen Arkade, Räume für die Stuttgarter, die ganzjährig einladen und einen Neuanfang erlauben. Das Thema Zukunft der Stuttgarter Oper ist mit der Neugestaltung der Kulturmeile untrennbar verbunden. Generell wird der Umbau der Oper, der nach Einschätzung der Fachleute eigentlich keine Sanierung ist, sondern zum Großteil Neubau gleichkommt, als völlig unkalkulierbares Abenteuer mit hohen Realisierungs- und Kostenrisiken eingestuft. Verwundert zeigten sich die eingeladenen Architekten, dass bei der Opernsanierung der Denkmalschutz außer Kraft gesetzt wird, während er beim baugeschichtlich weniger bedeutenden Schulbau als zentrales Argument gilt. „Der Workshop hat gezeigt, dass bisher in Stuttgart zu eng gedacht wurde. Aufbruch Stuttgart sieht die Ergebnisse des Wochenendes als Angebot an Politik und Öffentlichkeit.“

 

 

Vorstandsmitglied Arno Lederer: „Wir hoffen sehr, dass die Kommunalpolitik die Diskussion um Oper und Kulturmeile nicht vorzeitig für entschieden erklärt, sondern die Früchte unseres hochkarätigen Workshops als Ideenpaket in die Entscheidungsfindung miteinbezieht“. Die baulichen Fakten, die jetzt geschaffen werden, haben zentrale Bedeutung für die künftige Lebensqualität Stuttgarts. Nicht, dass am Ende wieder der Satz fällt: „Dass sich die Stuttgarter das gefallen lassen.“ 

 

Die Namen der fünf beteiligten Büros lassen aufhorchen: Das Basler Team von Herzog & de Meuron ist mit seinen Projekten weltweit präsent. Der Name des Büros verbindet sich mit der Tate Gallery of Modern Art in London, der Allianz-Arena in München und Impulsen für eine Neuausrichtung des Städtebaus in China. Aktuell fand das von dem Schweizer Büro realisierte neue Hamburger Wahrzeichen, die Elbphilharmonie, das Augenmerk einer breiten Öffentlichkeit.

 

Aus Rotterdam hat das Team von KAW Architects teilgenommen. Die innovative Crew, die sich selbst als „motivated and a little bit quirky“ (schrullig) bezeichnet hat sich neben Wohnbau mit öffentlichen Bauten und der Gestaltung urbaner Räume an vielen Orten einen Namen gemacht.

 

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Entwurf KAW Architects  

Allmann Sattler Wappner, das führende Münchner Büro, holte sich nicht nur mit Bauten, wie dem Dornier- Museum in Friedrichshafen und dem geradezu revolutionären Neubau der Herz-Jesu Kirche in München Meriten, sondern entwickelte erfolgreich städtebauliche Konzeptionen in verschiedenen Metropolen.

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 Entwurf Allmann Sattler Wappner  

 

Christoph Mäckler aus Frankfurt, Begründer des Dortmunder Instituts für Stadtbaukunst, gehört zu den aufregendsten Figuren der Deutschen Architekturszene. Mit seinem Team hat er sich kritisch mit den Stadtbildern der Nachkriegszeit auseinandergesetzt und eine Lanze für die Gestaltung des öffentlichen Raums gebrochen. Als Bauten gelten u.a. die Gestaltung der Marktgalerie in Leipzig und die der Goethehöfe in Frankfurt als besonders bemerkenswert.

 

Die Crew mit dem vielverheißenden Namen „Urban–Think Tank“ kommt aus Zürich. Das eng mit der ETH Zürich verbundene Planungskollektiv, das unter Leitung von Mitbegründer Hubert Klumpner anreist, setzt in seinen Aufgabenstellungen weniger auf den Bau von Neuem, sondern auf die Konsolidierung und Optimierung bestehender Stadtstrukturen. Die interdisziplinäre Gruppe aus Zürich ließ es sich nicht nehmen, bereits Wochen vor dem Workshop das Kulturquartier in Stuttgart ausführlich zu besichtigen. Nun hat der Aufbruch Stuttgart e. V. die 44-seitige Dokumentation des Ideen- Workshops „Aufbruch Kulturquartier“ mit zahlreichen Bildern und Plänen veröffentlicht, in Zusammenarbeit mit dem büro uebele visuelle kommunikation und Thomas Geuder.

 

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Entwurf Urban-Think Tank

 

Aufbruch Stuttgart: Die Initiative leistet mit Workshops, Arbeitsgruppen, Vorträgen und gemeinschaftsfördernden Aktionen einen Beitrag zu einer lebendigen Stadtgesellschaft, die das Ziel verfolgt, Stuttgart zum Vorreiter moderner Stadtentwicklung werden zu lassen: mit einem lebendigen Kulturquartier, mit einem mutigen Schritt von der autogerechten zur menschengerechten Stadt. Die Gründungsmitglieder von Aufbruch Stuttgart sind: Prof. Dr. Wieland Backes (Fernsehjournalist), Norbert Daldrop (AV-Communication), Prof. Dr. Cornelia Ewigleben (Direktorin Württembergisches Landesmuseum), Felix Fischer (Managing Director SWR Symphonieorchester), Dr. Ulrike Groos (Direktorin Kunstmuseum), Thomas Koch (Direktor Kommunikation Oper Stuttgart), Prof. Dr. Christiane Lange (Direktorin Staatsgalerie Stuttgart), Prof. Arno Lederer (Architekt), Helmut Nanz (Nanz-Stiftung), Prof. Werner Sobek (Architekt und Bauingenieur), Horst Stammler (Geschäftsführer VVS – Verkehrsverbund Stuttgart), Jossi Wieler (Intendant Oper Stuttgart)

 

www.aufbruch-stuttgart.com
 

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HdM Präsentation Herzog de Meuron
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