Urbane Utopien - der Stadtmythos bei Ernst Jünger (1. Aufl. 2020) von Marion E. Preuß

Urbane Utopien

Eine raumphänomenologische Analyse des Stadtmythos bei Ernst Jünger

von Marion E. Preuß

Schwabe Verlag, Basel

1. Auflage, 2020

Broschiert, 392 Seiten

Größe: 22,1 x 15,1 x 3.2 cm

ISBN: 978-3-7965-4210-7 

Der Umgang mit Ernst Jüngers literarischem Werk hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, wobei es angeblich rechte Kreise sind, die den aporetischen Duktus seiner Utopien und Staatskonzepte ignorieren. Aporetik bezeichnet die Auseinandersetzung mit schwierigen philosophischen Fragen und Problemstellungen. Insbesondere ist die Aporetik zuständig, um Probleme der Kunst als solche ohne Rücksicht auf ihre mögliche Lösbarkeit oder Unlösbarkeit zu untersuchen und zu durchdenken. Schon in der Scholastik fand die aporetische Methode Eingang in die Philosophie des Mittelalters. In der Rhetorik, als deren Begründer Aristoteles gilt, ist die aporia eine Redefigur, welche die Zweifelhaftigkeit einer Aussage durch den Sprecher verdeutlicht.
 

Die Jünger-Rezeption, so unterstreicht die Forschung, habe Ernst Jüngers mythisch intendierte Ästhetik bisher zu sehr außer Acht gelassen. So untersucht Marion E. Preuß dessen Produktionsästhetik mithilfe einer raumphänomenologischen Analyse. Sie nimmt die mythisch präfigurierte Räumlichkeit seiner urbanen Utopien "Auf den Marmorklippen" (1939), "Heliopolis" (1949), "Eumeswil" (1977) und "Aladins Problem" (1983) in den Blick, wobei sie auf der Topophilie-Theorie Gaston Bachelards und aus dessen Werk "Poetik des Raumes" (1957) aufbaut und sich auf gängige Mythos- und Raumtheorien bezieht. Die Autorin erklärt, damit würde um so mehr Jüngers leerer Ritualismus verdeutlicht. Möglich wird aber auch, dass seine ästhetische Systematik bis ins Spätwerk hinein zu beschreiben sei, was in der bisherigen Jünger-Forschung so nicht geleistet wurde.

 

Das Werk und die Person Ernst Jüngers ist in vieler Hinsicht ein Arbeiten am politischen, historischen wie auch menschlichen Abgrund. Sein Werk gilt als unsystematisch, hochhermetisch und widersprüchlich. So fungiere der gestaltete urbane Raum bei Jünger als Vehikel seiner mythischen Denk- und Erzählweise. Die Betrachtung der topologischen, topographischen und zeitlichen Phänomene und der Figuren bestätigt den aporetischen Charakter seines Werkes, sagt die Autorin weiter. Um den Stadtmythos bei Ernst Jünger näher zu umschreiben, zitiert sie Christoph Perels, der dies als Prozess beschreibt, der sich von 1890 an bis zum Beginn der dreißiger Jahre erstreckt. Diesem Zeitgeist folgt Jünger. Die Großstadt hat aufgehört, gleichgültig zu sein. Ab 1910 wandelt sich die Vorstellung, indem die Schriftsteller mitten in die Stadt hineingehen und sie zum unermesslichen Erfahrungsraum machen. Mir ist die kritische Hinterfragung von Architektur der Moderne bei Ernst Jünger in Erinnerung geblieben und das Bild, wonach ein Mensch, der vom Mond aus auf die Erde blickt, statt gebauter Häuser mit individuellem Charakter nur noch Bauten aus der Ferne erkennt, die wie Speicher aussähen, gleichförmig und ohne ein Unterscheidungsmerkmal nebeneinander stehend und schnell wie Pilze wachsend. 

 

Marion E. Preuß promovierte in Neuerer deutscher Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München und an der Queen Mary University of London. Ihre Forschungen beschäftigen sich mit der Mythostheorie und der Literatur der 1920er Jahre mit Schwerpunkt auf Ernst Jünger. Sie arbeitet als Sachbuchlektorin bei Random House.

 

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Siehe auch: Publikation: Das Neue Frankfurt als Großstadtutopie 

 
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