Klingt lapidar, ist auch so! Ein Stück Stadtgeschichte verbirgt sich hinter den Mauern und Gebäuden des Architekten Ferdinand Kramer. Sie sind meist geziegelt und haben einen Rahmen aus Beton. Eine Struktur der Kleinteiligkeit schließt an die Linien an, die das Gebäude durchziehen. Verfügen über große Fensterreihen und folgen damit nur einer Tradition. Es ist die Tradition der Moderne. Das hat Ferdinand Kramer (1898 -1985) den Frankfurtern gebracht, eine Vielzahl moderner Bauten.
In der Stadt begegnen einem die Gebäude beinahe überall. Kramer-Bauten gehören zum Stadtbild. Teilweise stehen sie so unauffällig, dass einem gar nicht bewusst ist, hier handelt es sich um ein Gebäude desselbigen Architekten. Der Alltag hat ihr Gesicht überdeckt. Langsam werden sie wiedergefunden. Das ist ein fortwährender Prozess der Erhaltung, der diesen Mauern jetzt zu Teil wird. Dabei haben die Gebäude nicht immer einhellig nur Befürworter gefunden. Gar von Abriss ist die Rede. Einerseits fördern die Bauten den Fortschrittsglauben, indem Initiativen sich stark machen und beispielsweise für altersgerechtes Wohnen kämpfen, was sie in einem Kramerbau umsetzen wollen. Entkernt, aufgerüstet und auf den neusten technischen Stand gebracht. Das scheint realistisch zu sein, worüber nachgedacht wird. Aus dem "Philosophicum" in der Gräfstraße ist aus diesem Grund unverhohlen ein Stück Zeitgeschichte geworden. Die Gebäudereihe wurde unter Denkmalschutz gestellt.
Generationen von Menschen haben in diesen hohen containerartigen Bauten ihr Dasein gefristet. Haben sich dort versammelt, organisiert, strukturieren gelernt. Sind angekommen und wieder weggegangen. Perpetuierende Ankunft, dahinter steckt aufklärerisches Denken. Sicherlich haben andere Städte ebensolche Bauten, die sie an ein Stück Vergangenheit erinnern. An den Gebäuden schlägt sich geschmacklich nieder, was sie an Architektur zu verbreiten haben. Die durch permanente Präsenz unausweichliches Merkmal geworden sind. Bis zur Sehenswürdigkeit ist jedoch ein weiter Weg zu gehen. Dafür reicht der Status nicht, den die Kramer-Bauten haben. Die Gebäudereihe in der Gräfstraße hat acht Stockwerke. Bis obenhin ist ein langer anstrengender Weg zurückzulegen. Der Eingang mit Windfang führt von der Straße aus zur Treppe, die linksseitig lag. Der anthrazitfarbene Fußboden war ein Kontrast zu weiß getünchten Wänden. Gleich nach der Treppe kam der Aufzug, ein schmaler grauer Kasten, der vom Parterre aus nach oben oder nach unten surrte. Paradox, denn dieser war meist überfüllt, so dass die Treppe zu Fuß genommen werden musste.
Im ersten Stock angekommen, zog sich ein Flur wie ein Band entlang, rechts die Fensterreihe und links die Türen zu den Räumen, Übungsräume und Sekretariat. Im zweiten Stock war nach der Treppe gleich links eine Glastür, eine Pfosten-Riegel Konstruktion mit Oberlichtern. Dahinter lag das "Institut für Skandinavistik", das nur wenige Räume somit wenig Platz in sich beherbergte. Am anderen Ende des Gangs lag die Bibliothek, ein Raum mit engen Regalen etwas altertümlich anmutend. Die Regale waren überfüllt mit Büchern von denen später viele ausgemistet wurden, weil niemand mehr darin las.
Kramers Bauten verfügen über eine eigene Textualität. Vielleicht eine wie sie im Roman "Der Zeitplan" (L’emploi du temps, 1957) von Michel Butor vorkommt, wo eine englische Industriestadt wahrscheinlich Edinburgh den Ort der Handlung bildet. Der Roman ist wie ein Tagebuch aufgebaut, allerdings werden die Einträge nicht in zeitlicher Abfolge gelesen sondern zeitlich verfremdet, so dass ein völlig neuartiges Bild der Handlung und des Ortes entsteht. Einer neuartigen Verfremdung unterliegen auch die Kramer-Bauten.
Der Katalog ist umfangreicher und erzählt mehr worüber die Ausstellung berichtet. Dort sind neben Wandtafeln auch Modelle von den Gebäuden aufgestellt. Kurator der Ausstellung ist der aus dem DAM scheidende Wolfgang Voigt und die Witwe Kramers, die betagte Lore Kramer. Außerdem sind die Kuratoren Philipp Sturm und Peter Körner beteiligt.