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rawmaterilas - vom Baumarkt ins Museum  Katalog im Kerber Verlag zur Ausstellung im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt bis 16. September 2012 sowie 2014 in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen und der Städtischen Galerie Delmenhorst

 

Im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt läuft bis 16. September 2012 eine Ausstellung, die es in sich hat. Hier werden Gegenstände aus dem Baumarkt präsentiert, die zu Kunstwerken werden. Diese Übernahme aus dem Baumarkt kann natürlich nicht eins zu eins geschehen, das wäre zu einfach. Deshalb werden passende Produkte aus dem Regal ausgesucht. Nach Kenntnisstand der Kunst werden diese transformiert, um wie verwandelt in der Ausstellung wieder aufzutauchen. Das ist fein! Durch den künstlerischen Wandlungsprozess wird eine Kultur der Dinge geschaffen, die es sonst nicht gäbe. Es findet eine Auseinandersetzung mit Dingen statt, die über das Normale hinausgeht und beweist, der Mensch hat nicht nur zu funktionieren, sondern fordert nach eigenwilliger Interpretation. Dies geschieht zum Wohle des Menschen.

 

Die Ausstellung erlaubt bei großen Künstlern wie Fischli und Weiss oder Tony Cragg hinter die Kulissen zu schauen. Was Materialität bedeutet, kann aufgrund des Ausstellungskonzeptes direkt vermittelt werden. Material hat eine wesentliche Bedeutung im künstlerischen Prozess und bei der Bewertung von Kunstobjekten.

 

Eine besondere Rolle spielen Abfallprodukte, die bei der Arbeit anfallen und einen eigenen Reiz ausüben, wofür aber keine Verwendung mehr besteht. Welche temporär sind, solange auf der Baustelle nicht aufgeräumt ist. Diese verschwinden dann ungeachtet auf dem Müll.

 

So gesehen sind Mülldeponien wie Kunstwerke. Überall wo sich die menschliche Zivilisation niederläßt, entstehen Dinge, die bewußt oder unbewußt zum Ausdruck der Kultur werden.

 

Vordergründig geht es in dieser Ausstellung nicht um Recycling, wie dies bei Jean Tinguely oder Dieter Roth in deren Kunst aus Metall der Fall ist. Es geht allein um die Herangehensweise, indem eine Produktauswahl getroffen wird, die passend für künstlerische Zwecke erscheint. Der künstlerische Ausdruck steht im Vordergrund, nicht etwa Dekorationseffekte oder die Findung einer neuen Produktpalette für Baumarkt und Industrie. Hier muss streng unterschieden werden. Grenzen verschwimmen, auch der Plagiatsvorwurf könnte im Raum stehen. Nur die Fluktuation bei der Sache darf keinen Abbruch nehmen.

 

Eine Tatsache die verstärkt im Umgang mit Baumärkten stattfindet, wenn zum Beispiel Materialien für den Modellbau aus dem Baumarkt bezogen werden, obwohl in Baumärkten nur Verbrauchsmaterial aus dem Alltag vorgesehen ist. Es geht nicht um Zweckentfremdung, sondern um das Bedürfnis nach Veränderung. Der Kreativität des Menschen sind keine Schranken gesetzt.

 

Im Katalog wird sinnigerweise argumentiert, hätte es 1917 bereits Baumärkte gegeben, dann hätte Marcel Duchamp für seine berühmte "Fountain" bestimmt einer dieser Märkte aufgesucht, um seine "Readymades" zu schaffen.

 

Schleifpapier, Abflussrohre, Sperrholz, Tapeten oder Farbeimer – seit den 1960er-Jahren verwenden Künstler zunehmend solch einfachen Materialien aus dem Baumarkt für ihre Arbeiten. Da liegt der Begriff der Postmoderne nicht weit. Die Ironisierung nicht nur der Klassischen Moderne zählt zu den Eigenheiten der Epoche, die anscheinend bis jetzt Fortsetzung gefunden hat. Ist vielleicht etwas verfrüht um von einer Stilrichtung zu sprechen, die längst überwunden scheint. Spätestens mit dem neuen Jahrtausend sind andere Denkweisen gefordert. 


„Raw Materials“ präsentiert Skulpturen, Videos, Fotografien und Rauminstallationen von 35 internationalen Künstlern und gibt erstmals einen umfassenden Überblick über diesen bemerkenswerten Aspekt der zeitgenössischen Kunst. Die wohlbekannten Alltagsmaterialien entfalten überraschende ästhetische Wirkungen und werden bisweilen mit viel Humor und Witz behandelt. Dabei geht es nicht nur um den Realitätscharakter von Kunst sondern auch um die Mechanismen der Wahrnehmung durch den Betrachter.

 

Teilnehmende Künstler:
Arman, Michael Beutler, Hartmut Böhm, Bill Bollinger, Tony Cragg, Stefan Eberstadt, Mike Figgis, Fischli und Weiss, Christian Frosch, Tom Früchtl, Rolf Glasmeier, Knut Henrik Henriksen, Ottmar Hörl, Christian Jankowski, Alicja Kwade, Camill Leberer, Stefan Löffelhardt, Russell Maltz, Mathieu Mercier, Patrick Fabian Panetta, Katinka Pilscheur, Thomas Rentmeister, Anselm Reyle, Kai Richter, Benjamin Sabatier, Andreas Slominski, Haim Steinbach, Gerold Tagwerker, Heiko Tappenbeck, Artur Dieter Trantenroth, Günther Uecker, Timm Ulrichs, Martin Wöhrl, Erwin Wurm, Heimo Zobernig und Beat Zoderer.

 

Katalog:
79 farbige Abbildungen
Hardcover, gebunden, 144 Seiten
Größe; 17 x 23 cm

ISBN: 978-3-86678-727-8

 

Herausgegeben von Amely Deiss und Tobias Hoffmann
Vorwort von Tobias Hoffmann und Isabell Schenk-Weininge
Mit Beiträgen von Amely Deiss und Rasmus Kleine

Interviews mit Michael Beutler, Hartmut Böhm, Stefan Eberstadt, Christian Frosch, Tom Früchtl, Knut Henrik Henriksen, Ottmar Hörl, Camill Leberer, Stefan Löffelhardt, Mathieu Mercier, Patrick Fabian Panetta, Katinka Pilscheur, Thomas Rentmeister, Anselm Reyle, Kai Richter, Benjamin Sabatier, Gerold Tagwerker, Heiko Tappenbeck, Timm Ulrichs, Martin Wöhrl und Beat Zoderer

 

Gestaltung SOFAROBOTNIK, Augsburg & München

 

raw materials - Vom Baumarkt ins Museum  -  Kerber Verlag

 

http://vg02.met.vgwort.de/na/16d0fc052c6b49e2923d5a7f3998c822

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