Stuttgart - Bauten, Debatten, Visionen

Architekturstadt Stuttgart. Bauten - Debatten - Visionen
von Amber Sayah 
Belser Verlag
gebunden 160 Seiten
1. Auflage, 2012
Größe:  24,8 x 27,2 x 2,0 cm 
ISBN: 978-3763026166

Erkundungen mit Arno Lederer, Stefan Behnisch, Tobias Wolf, Tobias Wallisser, Jörg Aldinger, Peter Conradi, Franz Pesch, Christoph Ingenhoven und Interviews mit Wolfgang Voigt

 

 

Stuttgart war schon immer eine interessante Stadt, die nicht aalglatt ist, mit dem wie sich Urbanität des 21.Jahrhunderts gestaltet. Der neue Band beginnt mit Widersprüchlichem und deckt Eigenheiten auf. Zeigt Visionen, die in der Stadt benötigt werden. Das bevorstehende Bauvorhaben des Stuttgarter Bahnhof ist nur ein gewaltiger Einschnitt von vielen im Ablauf des Stadtgeschehens.

 

Angefangen hat es nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Marshall-Plan zur Umgestaltung der kriegszerstörten Innenstadt. Autofreundlich sollte es sein, was bis heute das Stadtbild prägt. Durchschnittene Landschaften und Autobahnschleifen durchqueren den Kern. Eine Art Inselstatus führt Stuttgart, eingebettet in die hügelige Landschaft. Das gläserne Wohnhaus von Werner Sobeck ist etwas besonderes.

 

Die Stadt hat ihre Qualitäten: Aufbau und Vision ergänzen sich permanent. Eine Art Vibrieren und Flirren in der Hitze zeichnet sich aus, was mit der Landeshauptstadt in Baden Württemberg passiert. Nach 60 Jahren Unionspolitik geht es mit dem Grünen Ministerpräsidenten weiter. Das ist doch unfassbar fantastisch!

 

Der Germanist Paul de Man spricht über die "Tropen" bei Eduard Mörike, das ist die Fähigkeit eigenständige Welten zu erzeugen, die ähnlich einer Monade funktionieren und über einen unglaublich stabilen Aggregatzustand verfügen, dass einem Angst und Bange werden kann. 60 Jahre Befangenheit in Baden Württemberg sind schließlich kein Pappenstil.

 

Es gibt unglaublich fähige Leute im Land, die über einen großen Erfindungsreichtum verfügen. Manchmal auch zum Nachteil anderer, weil die spitzfindige Art der Württemberger eine Nummer besser sein will. Die Badenser werden außen vor gelassen. Der Schwarzwald wirkt unterrepräsentiert in der Landeshauptstadt, meint man. Insofern bilden Baden und Württemberg lediglich eine Fusion, was ein Produkt der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg ist. Aber was entschieden wurde, soll bleiben wie bisher.

 

Viele gute Taten für den grünen Landtag, damit der technische Forschritt auch in Zukunft viel an grüner Technologie produziert und mit gutem Vorbild vorangeht. Denn benzinbetrieben wird die Welt nicht besser.

 

Repräsentativ ist, was den Stuttgartern gehört und gegönnt sei. Das Widersprüchliche taucht regelmäßig wie aus dem Erdboden geschossen aus dem Gemüt der Einwohner auf. Als wären urzeitliche Dinosaurier erwacht, wie deren Versteinerungen die Innenwände im Foyer des Stuttgarter Landtag säumen. Als wollten sich diese auf und davon machen. Der fast bacchantische Weingenuß hat vielleicht bleibende Spuren hinterlassen beim Volk. Vielleicht besteht deshalb ein so starkes Bedürfnis nach permanenten Umwälzungen im Land. Der Alkohol fordert seinen Tribut. Das Ausmaß muß schon gewaltig sein.

 

Die S-Bahnen im Untergrund schließen die Türen und öffnen nicht mehr beim Versuch, die Lichtschranke in der Tür zu blockieren. Das klappt in Stuttgart einfach nicht!

 

Weissenhof-Siedlung und der Hauptbahnhof von Bonatz ergänzen sich auf einer Route der Architektur der 1920er Jahre. Trotzdem soll der Hauptbahnhof abgerissen werden. Der Denkmalschutz hat sich nicht bewehrt, die Planer haben sich rigoros durchgesetzt.

 

Sogar der Schloßplatz wird dem unterirdischen Bahnhof geopfert. Das wäre ein Sakrileg in anderen Residenzstädten. Schade ist es nur um die wertvollen Laubbäume im Schloßpark gewesen, weil diese abgerissen wurden. Eigentlich müßte es heißen, die gefällt wurden. Aber bei den Stuttgartern sitzt die Abrissbirne eben locker.

 

Eine Mischung aus Text und Bild, weniger technische Abbildungen beeindrucken im Inneren des Bandes. Durchaus kritisch werden Inhalte reflektiert, das ist selbstbewußt und aufgeklärt!

 

Beispielhaft werden einzelne Bauprojekte vorgestellt, wie die Stadtbibliothek am Mailänder Platz, ein Kubus mit vier gleichen Seiten wie auf dem Titelbild. Das Haus der Katholischen Kirche in der Königstraße kommt mit klassizistisch motivierten Anlehnungen vor.

 

Siehe auch:    Das Spiegel-Haus. In der Hafencity in Hamburg (2011) ein bebildeter Architekturband aus der Deutschen Verlagsanstalt DVA

 

Siehe auch:     Paul Bonatz (1877-1956) Der Architekt des Stuttgarter Hauptbahnhof

 

Letzte Änderung am Dienstag, 04 August 2015 18:41
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